12. Dezember, Montag: Ärztemangel im Wallis und wie weiter?
Vor ein paar Tagen, am 5. Dezember, fiel mir aus meinem vorderen Zahn eine Füllung heraus. Oh je! Ich weiss: In Leukerbad gibt es trotz einer Million Gäste jährlich keine Zahnarztpraxis … und auch keine Arztpraxis. Von einem Nachbarn hatte ich gerade gehört, dass er in Susten unten im Tal fündig geworden war. Dieser Ort ist eine halbe Stunde mit dem Bus von Leukerbad entfernt. Meine telefonische Anfrage wird dort zwar wohlwollend entgegengenommen, doch vor Ende Januar sei kein Termin frei. «Wir sind sehr gut ausgelastet, bitte rufen Sie den Notfalldienst an.» Was bleibt mir anderes übrig? Die automatische Beantworterin lässt mich wissen, dass zurzeit ein einziger Zahnarzt Notfalldienst hat: Sie nennt einen Namen und eine Telefonnummer. Die Adresse muss ich per Internet selbst herausfinden. Es ist das kleine Dorf Fiesch am Fusse des Fiescherhorns im Oberwallis, zwei Stunden mit dem öV von Leukerbad entfernt, wie ich – Internet sei Dank – schnell herausfinde. Zum Glück gibt es für Donnerstag, den 8.12. um 13 Uhr einen freien Termin, obwohl im katholischen Wallis eigentlich Feiertag wäre: Mariä Empfängnis. Die Wettervorhersage verspricht einen wolkenlosen Himmel, ich freue mich auf diesen besonderen Tagesausflug.
Eine Stunde vor dem Termin komme ich nach einer Zugfahrt durch das bis zur Mittagszeit im Schatten liegende enge Rhonetal im sonnigen Fiesch an. Die Talstation der Gondelbahn zum Fiescherhorn muss ich leider aus Zeitmangel links liegen lassen. Stattdessen gehe ich vom Bahnhof aus Richtung Dorf und den kleinen Hügel hinauf zur grossen St. Johannes Kirche, vor deren Eingangsportal ich in der Mittagssonne mein von Georg liebevoll zubereitetes Picknick trotz Zahnlücke geniessen kann. Das einzige Restaurant, an dem ich vorbeikam, öffnet erst um 16 Uhr. Dafür gibt es einen «Aura»-Laden, der handgemachte Seife und Kräutertee anbietet, und einen Silber- und Goldschmuckladen, in welchem auch Bergkristalle zu finden sind. Und immerhin hat Fiesch eine Zahnarztpraxis und Leukerbad nicht.
Um 13 Uhr ist es so weit: In seiner Praxis empfängt mich der etwa 50-jährige Chef persönlich und fragt nach meinem Befinden. Er staunt, dass ich die weite Reise auf mich genommen habe. Doch ich erkläre ihm, dass es in Leukerbad keinen Zahnarzt gibt – das ist für ihn natürlich nichts Neues -, dass ich schlecht schlafe, wenn meine Zunge ständig Alarm schlägt, und dass ich am nächsten Tag in der Kirche während meiner Klangmeditation singen möchte, ohne durch einen havarierten Zahn abgelenkt zu werden. Dafür hat der Doktor volles Verständnis und macht sich sofort an die Arbeit. Ein Röntgenbild sei nicht nötig. Nach einer knappen halben Stunde ist alles wieder in Ordnung. Ich verabschiede mich von Herrn Dr. Flüeler mit der Bitte, dass er doch eine Filiale in Leukerbad eröffnen möge. Diese Idee quittiert er nur mit einem amüsierten Lächeln.
Am Freitag, den 9.12. kann ich mich gut auf meine Klangmeditation konzentrieren, ohne «dentale» Ablenkung. Die Anwesenden sind meiner Einschätzung nach auswärtige Besuchende. Sie hören mir und den lang nachklingenden Kristallinstrumenten andächtig zu, einige verweilen zeitweise in einem stillen Gebet. Die wunderbare Akustik des Kirchenraums unterstützt die Friedensbotschaft meiner Klänge und lässt sie weiter in die Welt hinaus schweben. Maria von Fatima lächelt sanft, verstorbene Seelen kommen zu Besuch. Am Schluss sammelt Georg die Kollekte in dem dafür vorgesehenen Körbchen ein. Sie kommt kriegstraumatisierten Menschen in der Ukraine zugute. Am gestrigen Sonntag treffe ich eine Bekannte und ihre Freundin. Die mangelhafte medizinische Versorgung in Leukerbad mache ich in unserem Gespräch zum Thema und frage, wie sie damit umgehen. Meine Bekannte konnte dank einer glücklichen Fügung noch in einer sonst ausgebuchten Zahnarztpraxis in Brig – eine Stunde von Leukerbad entfernt – unterkommen, ihre Freundin fährt mit ihren zwei Kindern sogar nach Bern, was für einen Weg mindestens zwei Stunden bedeutet. Sonst liessen sich viele Einheimische im nahegelegenen Italien behandeln. Dort sei es billiger. – Da es in Leukerbad auch keine allgemeinmedizinische Praxis gibt, frage ich die beiden Damen, wie sie dies handhaben. Meine Bekannte antwortet: «Ich gehe zu gar keinem Arzt, wenn er nicht spirituell ist. Aber die Medizin der Zukunft ist sowieso die Schwingungsmedizin. Man wird nur noch mit Farben, Klängen und sonstigen Schwingungen heilen.» Ich bin erstaunt und sage: «Genau das mache ich. Vor 18 Jahren, als ich damit begann, war diese Methode kaum bekannt! Inzwischen gibt es viele Selbstheilungsmeditationen auf meinem Youtube-Kanal mit Klängen und Farben. Wenn jemand eine persönliche Behandlung möchte, kann ich aufgrund einer Haaranalyse herausfinden, welche Klänge, Farben oder andere Art von Schwingung hilfreich sind.» Da staunt wiederum meine Bekannte und meint: «Das ist ja toll, dass es dich in Leukerbad gibt!» Ihre Freundin meint: «Da werde ich mich bei Ihnen melden! Denn mein Hausarzt wurde gerade pensioniert und hat keinen Nachfolger.»
Foto: Fiesch im Oberwallis
und Text: Petra Dobrovolny