Mein Tagebuch: 30.12.2022

30. Dezember, Freitag: Über Geruchsempfinden und Vermisste in der Ukraine

Über Nacht hat der Schnee Leukerbad wieder in eine Winterlandschaft verwandelt. Die Kinder jauchzen!
Nach Italien führt auch Spanien ab sofort Corona-Tests bei der Einreise chinesischer Tourist:innen durch. Vor einem Monat hatte die Regierung in Peking nach heftigen Protesten der Bevölkerung die Null-Covid-Strategie beendet und die strengen Massnahmen aufgehoben. Seither steigen die Infektionszahlen exponentiell, es gibt mindestens 250 Millionen Infizierte, das Gesundheitssystem ist völlig überlastet. Chines:innen dürfen ohne Tests ausreisen.
Gestern traf ich zufälligerweise unseren Nachbarn Hans aus Bremen in der Waschküche. Er schaut mich mit grossen Augen an: «Ich habe heute euren Brief im Briefkasten gefunden und musste sehr staunen. Von einem Neuankömmling lasse ich mir schon gar nicht verbieten, was ich 20 Jahre lang getan habe! Das Fleisch lasse ich noch 3 Wochen lang trocknen. Denn 700 Franken in die Abfalltonne werfen, das tu’ ich nicht.» Noch nie hätte jemand in all den Jahren reklamiert, denn es sei auch nichts zu riechen, auch jetzt rieche er nichts. Zum Beweis schnuppert er in der für mich übelriechenden Waschküche herum. Nun staune ich! Dabei bin ich nicht die Einzige, die den Gestank bemerkt hat. Die letztjährige mündliche Beschwerde hatte Hans wohl nicht erreicht. Das inzwischen 40-jährige Reglement gelte für alle, egal wie lange jemand im Haus wohne, gebe ich zu Bedenken. Er werde sich erkundigen, was im Wallis üblich sei und an der nächsten Stockwerkeigentümerversammlung darüber abstimmen lassen, ob er weitermachen dürfe. Und natürlich gäbe es Ungeziefer im Keller, so wie in jedem Haus. Es sei nicht bewiesen, dass es einen Zusammenhang mit dem Fleischtrocknen gäbe.

Gut zehn Monate nach Kriegsbeginn gelten in der Ukraine nach Angaben der ukrainischen Präsidentenberaterin Alona Verbytska viele Menschen als vermisst. «Russland hat aktuell 3392 ukrainische Kriegsgefangene bestätigt, aber in der Ukraine gelten derzeit 15 000 Menschen als vermisst, darunter viele Zivilisten», sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das Schicksal dieser Menschen sei völlig ungewiss, sagte Verbytska, die sich als Ombudsfrau für die Rechte ukrainischer Soldaten engagiert. «Wir wissen nicht, was mit ihnen geschehen ist.»

Foto: Krippe in der Leukerbadner Kirche

und Text: Petra Dobrovolny

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