Meine Klangmeditation am 11. August

Am 11. August findet wie jeden 2. Freitag im Monat meine Klangmeditation in der Kirche in Leukerbad statt. Beim Eingang spricht mich eine Dame aus Lausanne an: «Sind Sie diejenige, die hier Klangmeditationen geben?» Ich bejahe. «Dann habe ich Sie vorgestern schon gesehen und gehört! O, wissen Sie, Ihre Klänge rufen so starke Emotionen hervor! Wunderbar! Darum bin ich jetzt nochmal gekommen. Und mein Mann kommt auch, aber etwas später. Er ist gerade noch in der Klinik in einer Therapie.» Während ich meine Kristallinstrumente auf dem kleinen Altar der Seitenkapelle bereitlege und eine Kerze anzünde, finden sich etwa 27 Personen ein. Wie bisher besteht mein Publikum zu 90% aus Frauen. Einige davon bringen ihre Ehepartner mit. Heute sind auch Zuhörende dabei, die gewohnt sind zu meditieren. Sie setzen beide Füsse auf den Boden, legen die Hände wie zwei Schalen mit den Handinnenflächen nach oben auf die Oberschenkel, sitzen gut aufgerichtet da und schliessen die meiste Zeit über die Augen. Beim Warten auf den 17-Uhr-Glockenschlag stimme ich mein Publikum bereits leise auf die Klänge meiner drei Kristallschalen und der Kristall-Lyra. Zufälligerweise harmonisieren die Klangschalen mit den Kirchenglocken. Während 45 Minuten geniessen die Zuhörenden das Klangbad. Nach 10 Minuten sehe ich, dass viele gähnen. Dies verstehe ich als ein Zeichen der Entspannung. Nach weiteren 10 Minuten beginnen Tränen zu fliessen. Mein «Dona nobis pacem» und «Ave Maria» berühren die Herzen. Heute betet ein Besucher in der hintere Stuhlreihe kniend und sehr andächtig mit. Auch weint er dabei. Männer schämen sich ihrer Tränen und möchten schon gar nicht, dass jemand sie sieht. Deswegen verlässt dieser Mann 10 Minuten vor Schluss der Vorstellung die Kirche, um allein zu sein. In Gedanken schicke ich ihm einen tröstenden Engel. Einige neugierige Besuchende, die auf ihrem Weg ins Restaurant an der Kirche vorbeikommen, schauen auch dieses Mal wieder herein, wollen sich zwar nicht setzen, hören heute aber länger zu als sonst. Mein Georg sorgt als Türsteher jedes Mal dafür, dass die renovationsbedürftige Kirchentüre nicht laut geöffnet und geschlossen wird. Besonders dieses Mal inspiriert mich die dichte Konzentration und Andacht des Publikums so, dass ich die Klänge und lateinischen Gesänge mit Passagen von Obertönen in voller Hingabe gestalten kann. Die Glocken verkünden mit dem ¾ – Schlag das Ende der Veranstaltung, ich schliesse ab mit «Andate in pacem» und «Amen». Das Publikum klatscht leise und dankbar Beifall, das Körbchen für die Kollekte, die für ein Projekt für kriegstraumatisierte Menschen bestimmt ist, wandert von Hand zu Hand. Zwei Besucherinnen aus Amsterdam und eine weitere aus Fribourg bedanken sich noch persönlich bei mir. Letztere möchte noch wissen, aus welchem Material meine Schlägel seien. Ich antworte: «Aus Silikon.» Sie kann nicht glauben, dass man mit Silikon solche erstaunlichen Klänge hervorbringen kann und schaut mit suchendem Blick in die Umgebung in der Erwartung noch Lautsprecher oder sonstige technische Einrichtungen zu entdecken. Ob ich denn wirklich keine Hintergrundmusik laufen liesse, will sie wissen. Ich verneine. Das sei unglaublich, «incroyable», meint die Dame aus Fribourg und verlässt die Kirche um ein Hörerlebnis reicher. Mit einem Glas Walliser Weisswein in der benachbarten Bar schliessen Georg und ich den Abend ab, dankbar für das Publikum, welches ich heute mit meinen Klängen beglücken durfte.  

Foto: Meine Kristallinstrumente auf dem Altar der Seitenkapelle der Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen, in Leukerbad

und Text: Petra Dobrovolny