17.12.2023 Dritter Advent und ein Rückblick

Foto und Text: Petra Dobrovolny

Ein Alpgottesdienst auf 2070 ü .d. M.

In der Umgebung von Leukerbad gibt es zahlreiche Kapellen, in oder bei denen einmal im Sommer ein Gottesdienst abgehalten wird. Am 3. Sonntag im Juli ist die Kapelle «Maria Sieben Schmerzen» an der Reihe. Anschliessend findet ein Fest auf der 10 Minuten entfernt gelegenen und bewirtschafteten Flüealp auf 2039 ü.d.M. statt.

Zufälligerweise verbringen die Kühe der uns aus Bremgarten bei Bern bekannten Bauernfamilie Hadorn dort jeden Sommer. Auf über 2000 Meter Höhe finden sie saftige Wiesen mit Bergkräutern, gutes Wasser und saubere Luft. Aus ihrer Milch wird noch auf der Alp Käse hergestellt, der als «Alpkäse von den eigenen Kühen» unten «im Flachland» im Hofladen sehr erfolgreich verkauft wird. Diesen leckeren Käse kennen wir bereits. Doch hat mein Lebenspartner Georg erst vor kurzem von Martin Hadorn erfahren, dass sich die Alp, wohin er seine Kühe in Kur schickt, oberhalb von Leukerbad befindet. Zufälligerweise heisst die Pächterin ebenfalls Petra, so wie ich. Georg staunt und erzählt mir diese Neuigkeit sofort per Telefon. Diese Petra habe ich vor zwei Jahren hier in Leukerbad als Chefin der «alten Molkeri» kennengelernt. Sie hat vor ein paar Jahren ihr Düsseldorfer Stadtleben gegen das Walliser Bergleben eingetauscht. Die Liebe hatte wohl kräftig mitgeholfen. Der Käse von der Alp schmeckt wunderbar, besonders derjenige mit Bärlauch. Bei meinem Einkauf im Juni frage ich Petra, wann sie wieder mit den Kühen auf der Alp sei, denn ich wolle endlich mal vorbeikommen. Sie empfiehlt mir das Fest vom 23. Juli, falls das Wetter mitmache. Es gäbe auch ein Alpentaxi.

Die Aussicht auf einen solchen Ausflug gefällt mir. Schliesslich verbringe ich bereits den dritten Sommer in Leukerbad und im hinteren Dala-Tal war ich noch nicht. Im Winter ist der Weg lange Zeit wegen Lawinengefahr gesperrt. Im Pfarrblatt ist bei der Kapelle um 11 Uhr ein Gottesdienst angekündigt. Ich finde, das ist DIE Gelegenheit. Vielleicht kann ich mit dem Alpentaxi oder mit sonst jemandem mitfahren oder mitwandern. Auf dem Weg wäre ich jedenfalls nicht allein, denn dieser Anlass ist sehr begehrt. Ich weiss, dass es gefährlich ist, allein auf einsamen Wegen in den Bergen unterwegs zu sein.

Der Sonntagmorgen verspricht den prächtigsten Tag der Woche. Der Himmel ist wolkenlos, Gewitter werden erst in der folgenden Nacht erwartet. Um 8.40 Uhr nehme ich den Weg unter meine Wanderschuhe und -stöcke. Ich wähle die Forststrasse, die im Winter den vom Torrent kommenden Skifahrenden als Abfahrtspiste dient. Teilweise führt sie durch einen Fichten- und Lärchenwald. Ein Höhenunterschied von 600 m liegt vor mir, die Temperatur beträgt etwa 15° C und wird heute kaum über 23° C steigen. Die fast unberührte Natur – wenn da nicht die orangen Sicherheitsnetze aus Plastik für die Skipiste wären – erwacht an diesem Morgen in ihrer ganzen Pracht wie in den ersten Schöpfungstagen. So empfand es Rainer Maria Rilke, der von der Walliser Landschaft so fasziniert war, dass er sich vor etwas mehr als 100 Jahren bei Siders im Château de Muzot niederliess.

Ein sehr schneller Wanderer überholt mich, sonst begegnet mir niemand. Wahrscheinlich bin ich etwas zu spät unterwegs. Meiner Berechnung nach sollte ich um 11.10 Uhr bei der Flüekapelle ankommen. Nach einer Stunde erreiche ich die erste Alp mit vier unbewohnten Hütten: Folljeret genannt, auf 1773 ü.d.M. Oberhalb meines Wegs sehe ich plötzlich drei vorbeifahrende PKWs und denke: «Oh, da habe ich jetzt eine Mitfahrgelegenheit verpasst.» Doch es ist noch nicht 10 Uhr, zeit- und kraftmässig habe ich noch einen guten Vorrat. Ich verlasse den Forstweg, um links abzubiegen, und setze meinen Weg auf der asphaltierten Strasse, die zur Flüealp führt, fort. Ab und zu fährt ein Mountainbiker an mir vorbei. Bald erreiche ich die bewohnte Majingalp auf 1933 ü.d.M. staune über die im Freien weidenden Schweine und Ziegen. Die Tiere sehen sehr gepflegt aus. So saubere und schlanke Schweine habe ich noch nie gesehen. Eine Tafel informiert über das Angebot: Man kann Fleisch und Käse kaufen, auch Kleinigkeiten essen und etwas trinken. Auf dem Rückweg werde ich dort einkehren. Jetzt muss ich weiter, denn die Zeit drängt. Auf dieser Höhe erscheint die mächtige Felswand auf der anderen Seite, von der Gemmi her, viel näher als von unten von Leukerbad auf 1411 ü.d.M. aus. Mein Handy klingelt, Georg meldet sich. Er freut sich, dass ich wohlauf und fit bin. Plötzlich reisst die Verbindung ab, gerade habe ich ein Gebiet ohne Funkverbindung betreten. Hinter mir höre ich das Alpentaxi. Auf mein Zeichen hin hält der Fahrer an. Nein, er könne mich nicht mitnehmen, es gäbe keinen Platz mehr. Pech gehabt! Doch die letzte halbe Stunde des Wegs schaffe ich auch noch zu Fuss. Ein Wegweiser kündigt mir an, dass sich die Flüealp nur noch 10 und die Flüekapelle 20 Minuten entfernt sind. Oben am Berghang in etwa 100m Entfernung entdecke ich die gemütlich weidenden einheimischen und Bremgartner Kühe der Rasse «Simmentaler Fleckvieh». Nach einer weiteren Kurve taucht endlich das Dach der Kuhställe auf. Klänge von beschwingter Alpmusik dringen an mein Ohr. Vor drei Alphütten warten Bänke, Tische und Sonnenschirme auf Gäste. Ohne Halt setze ich meinen gemäss Wegweiser noch 10-minütigen Weg zur Kapelle fort. Es ist bereits 11 Uhr, der Gottesdienst hat soeben begonnen. Aber wo? Ich halte Ausschau nach einer freistehenden Kapelle mit einem Türmchen, so wie man sich eben eine klassische Kapelle vorstellt. Von einem solchen Gebäude ist jedoch weit und breit nichts zu sehen. Das Foto der Kapelle im Prospekt ist mir nicht mehr präsent. Sonst hätte ich gewusst, dass sie gar keinen Turm hat, sondern unter einen Felsvorsprung gebaut wurde. Nach 5 Minuten verkündet ein weiterer Wegweiser noch einmal 10 Minuten bis zur Flüekapelle an. Nun bin ich nicht nur jenseits des Internets, sondern auch jenseits der Zeit unterwegs. Vor mir liegen kleine Hügel mit grünen Alpweiden, weiter oben Schneefelder und nackte Felsen. In weiterer Ferne der Gitzifurka-Pass und die Bergkette mit dem spitzen Majinghorn. Hinter mir ist eine Gruppe Biker wegen des schmalen Weges von ihrem Gefährt abgestiegen. Auch sie scheinen etwas zu suchen. Der Chef wendet sich höflich an mich mit der Frage, ob er mich etwas fragen dürfe. So als sei ich die grösste Expertin für die Wege hier im «letzten Winkel der Welt». Die Sportler suchen zum Glück nicht auch nach der von mir gesuchten Kapelle, sondern wollen wissen, ob dies der Weg zum Torrent sei. Der nächste Wegweiser zeigt jedoch einen alpinen Wanderweg zur Gitzifurka an, also weder einen Bike-Weg noch den Torrent als Ziel. Ich rate von diesem Weg ab. Sie sollten besser umkehren und nach einer Abzweigung mit dem Zeichen für Bikes und der Aufschrift «Torrent» Ausschau halten. Ja, es sei möglich von hier, also aus nördlicher Richtung auf den Torrent zu gelangen. Dankbar für meinen fachlich perfekten Rat – weit und breit ist auch niemand, den sie fragen könnten und Handys haben hier keinen Zugang zum Internet – ziehen sie in die Richtung von dannen, aus der sie gekommen sind.
 
Der Wind frischt auf, ich gehe weiter und sehe hinter der nächsten Erhöhung plötzlich eine kleine Hängebrücke, auf dem gegenüberliegenden Hügel etwa 80 Leute auf Bänken oder am Boden sitzend und andächtig einem weissgekleideten Mann, der vor einem kleinen Altar steht, zuhörend. Ein Bube reicht mir einen Zettel mit Kirchenliedern, damit ich dem Programm folgen kann. Ich setze mich auf die Wiese, nehme erst mal einen Schluck aus meiner Wasserflasche und eine Handvoll gerösteter salziger Sonnenblumenkerne aus der Ukraine, die mir unsere Nachbarinnen aus Mariupol geschenkt hatten. Erfrischt tauche ich ein in die gemeinsame Andacht und in die Magie des Ortes. Die Worte des Predigers – es ist der Organist Peter Heckel, der sonst an den Messen in und um Leukerbad die Orgel spielt – wechseln sich ab mit den Klängen einer Mundharmonika, bis schliesslich das «Vater unser» und der Segen den Gottesdienst beenden. Auch wenn der Wind Worte und Klänge durchweht, bewirkt dieses Erlebnis in mir einen unvergesslichen Eindruck. Ich spüre, wie alle Anwesenden betend, singend und lauschend zu einer Einheit mit Gott und der Natur verschmelzen. Wir werden zum Felsen, ziehen mit den Wolken vorbei, wiegen uns mit den Gräsern, … Auch wenn Gott allgegenwärtig ist, in den Bergen scheint er noch näher zu sein.
 
In der kleinen Kapelle «Maria Sieben Schmerzen» unter dem Felsvorsprung etwas unterhalb des für heute im Freien aufgestellten Altars hätten höchstens 20 Besuchende Platz gefunden. Eine Legende erzählt, dass Maria selbst diesen aussergewöhnlichen Ort gewählt habe. Im Prospekt «Kapellenweg» der Tourismusorganisation Leukerbad steht: «Die Legende will wissen, dass die Statue der schmerzhaften Muttergottes in einer Grotte etwas oberhalb der Flüealp gefunden wurde. Die Leute wollten ihr im Stafel der Flüealp einen Bildstock errichten. Nachdem sie zur Alp transportiert worden war, befand sie sich am nächsten Morgen wieder am ursprünglichen Fundort. Daraufhin wurde entschieden, Maria den Platz zuzuweisen, den sie sich selbst auserwählt hatte. In der ersten Hälfte des 19. Jh. wurde die Grotte zu einer Kapelle ausgebaut. Das Gnadenbild ist eine Pietà.» Als ich nach dem Gottesdienst die Kapelle besuche, bin ich überrascht über die lebensgrosse Darstellung der Muttergottes, die ihren verstorbenen Sohn in den Armen hält. Der Kerzenständer davor ist bereits vollends mit etwa 80 kleinen Kerzen in roten Plastikbechern gefüllt, sodass ich keine hinzufügen kann. Die drei kleinen Glasfenster zeigen Maria mit dem Jesuskind, einen Kelch und eine Hostie. Die weissen schmucklosen Wände erhellen den Innenraum. Ein schmaler Holzaltar steht vor der Pietà, ein paar wenige schlichte Holzbänke bieten müden Pilgernden einen Platz an. Ich bete für alle Mütter, die ihren Sohn in einem Krieg verloren haben und bitte Maria um Trost und Kraft für die Hinterbliebenen.

Gemeinsam mit den anderen mache ich mich zurück auf den Weg über die kleine Hängebrücke, blicke noch einmal nach hinten und fotografiere den schmalen Weg, der unterhalb der Kapelle an zwei Höhlen vorbei zur Dala führt. Ein mir unbekannter Herr macht mich in Zürcher Dialekt darauf aufmerksam, dass in der untersten Höhle eine Quelle mit heiligem Wasser entspringt, das die Heilung der Augen unterstützen soll. Ich bin sehr dankbar für diesen Hinweis. Woher wusste der Unbekannte von meiner Leidenschaft, Marienquellen ausfindig zu machen? Er fügt hinzu, man bräuchte eine gewisse Standfestigkeit, um das Wasser an dem steilen Abhang schöpfen zu können. Meine Standfestigkeit wird heute jedoch genügend auf die Probe gestellt, sodass ich mich damit begnüge, die Quelle von einer sicheren Entfernung aus zu fotografieren. Als ich später Georg davon erzähle, meint er, das Wasser der Heilquelle sollte doch sicher und ohne Unfallgefahr für alle zugänglich gemacht werden. Dafür könnte zum Beispiel die Thermalquellenzunft, bei der ich Mitglied bin, sorgen. Georgs Idee werde ich weitergeben.

Bald lädt der Duft von Raclette-Käse und Bratwurst uns ein auf den Holzbänken unter den hellblauen Sonnenschirmen Platz zu nehmen. Ich genehmige mir ein Bier, eine Portion Raclette und «Hörnli-Salat» (Teigwaren mit Tomatenstückchen und sauren Gürkchen an einer Salatsauce). Jemand bittet, die Musik aus den grossen Boxen leiser zu stellen. Feststimmung kommt auf, auch wenn die Gäste lange Schlange stehen müssen, um eine Bratwurst oder ein Raclette zu ergattern. Auch Wandernde, die nicht am Gottesdienst teilgenommen hatten, gesellen sich dazu. Die meisten stammen aus der näheren Umgebung und kennen sich. Der Organist Peter Heckel, mit dem ich im Oktober 2022 gemeinsam eine Messe in der Pfarreikirche Leukerbad musikalisch gestalten durfte, erzählt mir, dass er jedes Jahr diesen Gottesdienst leitet. Er macht dies mit grosser Freude, und ich bin dankbar, dass ich ihn heute dabei erleben durfte.

Ab 13 Uhr ist der Käseverkauf geöffnet. Petra erscheint. Sie staunt darüber, dass ich den Weg geschafft habe. Ich frage sie, ob sie dieselben Käsesorten auch in der «alten Molkerei» in Leukerbad verkaufe. Sie bejaht dies und versteht, dass ich jetzt nicht noch Käse in meinem Rucksack ins Tal transportieren möchte, zumal der Wind sich gelegt hat und die Sonne wieder ihr Bestes gibt. Auch wenn auf dem Programm steht, dass die Kühe um 16.30 Uhr beim Stall eintreffen werden, um gemolken zu werden, mache ich mich bereits um 13.10 Uhr auf den Rückweg. Ich möchte das Erlebte in Ruhe nachwirken lassen, die Stille der Berge geniessen und noch einen Tee bei der Majingalp. Dort wird es am 6. August auch ein Alpfest geben. Allerdings ohne Gottesdienst. Auf demselben Weg kehre ich zurück ins Tal. Es gäbe zwar eine Abkürzung durch den Majinggraben bis zum Majingsee, doch dieser Weg ist mir für heute zu steil und zu anstrengend. Vielleicht am 6. August?
Gegen 15.30 Uhr komme ich wieder wohlbehalten zuhause an, natürlich auch zu Georgs Freude. Er hatte schnell verstanden, dass der Mobilfunk hinter all den Bergen und Hügeln bald einmal unterbrochen war und sich keine Sorgen gemacht. Auf seine Frage, was mir dieser Ausflug gebracht habe, antworte ich: Eine Horizonterweiterung. Jetzt weiss ich, wie es im hinteren Dala-Tal oberhalb der Baumgrenze aussieht, wie eindrucksvoll es ist, wenn 80 Menschen gemeinsam unter freiem Himmel im «hintersten Winkel der Welt» das «Vater unser» beten. Wie eine Kapelle auch ohne Kirchturm wirken kann. Wie die Trauer der Muttergottes trösten kann und dass diese Erfahrung durch einen unbekannten Künstler genau am richtigen Ort möglich gemacht wurde. An einem Ort, an dem heiliges Wasser für die Augen entspringt.   

2 Fotos der Flüekapelle und Text: Petra Dobrovolny   

Begegnungen im Januar 2023 (2)

Anfang Januar betrat zur Mittagszeit, als ich gerade übte, ein älterer Herr die Kirche, setzte sich und betete, bis ich mein Üben beendet hatte. Dann kam er zu mir und sagte, dass ihm die Klänge sehr gefallen hätten. Er hatte sogar den richtigen Grundton herausgefunden und bemerkte, dass ich ein hübsches Hugenottenkreuz an meiner Halskette trage. Ich wunderte mich und fragte: «Vous êtes un expert?» Ja, er sei ein pensionierter reformierter Pfarrer und wohne hier in der Gegend. Ich erzähle ihm, dass meine Grossmutter väterlicherseits von einer Hugenottenfamilie stammte, die aus Frankreich – Colmar – fliehen musste, und zwar in die Hansestadt Lübeck. Meine Grossmutter hatte sich als kleines Mädchen den Erwachsenen immer so vorgestellt: «Ich heisse Cayé und esse am liebsten Cailler-Schokolade.» Daraufhin erzählt mir der Herr Pfarrer, dass er ebenfalls aus dem Elsass stamme. Er möchte noch wissen, woher meine Kristall-Klangschalen kommen und ob ich nur meditative oder auch andere Musik spiele. Erfreut über das Gespräch meint er, dass er wohl mal an einem Freitag nach Leukerbad käme, wenn ich «offiziell» eine Klangmeditation gebe.

Am Freitag, den 13. Januar ist es wieder so weit: Bereits eine Viertelstunde vor Beginn meiner Klangmeditation finden sich etwa 17 Personen ein, meistens ältere Ehepaare. Die Sakristanin hatte die Stühle im hinteren Bereich der Kirche um 90° gedreht, sodass das Publikum mit Blick in Richtung Seitenkapelle, auch Barbara-Kapelle genannt, Platz nehmen kann. Die Beleuchtung ist gedämpft, bei der Marienstatue brennen etwa 20 kleine Kerzen in ihren kleinen roten Plastikbechern, eine davon stelle ich auf den Holzaltar, auf den ich meine Kristall-Lyra und drei Klangschalen gelegt habe. In die feierliche und andächtige Stille hinein schlagen die Turmglocken viermal, um die volle Stunde anzukündigen, danach gibt die tiefste Glocke kund, dass es fünf Uhr ist. Zufälligerweise tönen meine drei Klangschalen ähnlich wie die Kirchenglocken, sodass ich mit einem «Kanon für Kirchenglocken und Kristall-Klangschalen» beginnen kann. Singend schaffe ich den Rahmen für die Meditation: «In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti», begrüsse das Publikum mit «Benedictus, benedicta, qui venit in nomine Domini». Danach improvisiere ich auf meiner Kristall-Lyra, anschliessend kommt das «Gloria in excelsis Deo». Für mich verstärken die lateinischen Sätze die Kraft des Gebets. Besonders das «Sanctus, sanctus, sanctus» mit «pleni sunt caeli et terra gloria tua», «voll oder gefüllt sind Himmel und Erde mit deiner Glorie».  Was bedeutet Glorie? Ich stelle mir darunter einen göttlichen Überfluss vor, den man sich als Mensch kaum vorstellen kann. Wenn einen solchen im Himmel und auf der Erde gibt, wie können wir dann von Energiemangel sprechen? Die Schöpfung Gottes fliesst über, der Mensch sieht überall Mangel. Beim «Sanctus» bemerke ich, dass die Zuhörenden meinen Worten und Klängen folgen und im Gebet versinken, bei «Agnus Dei» und «dona nobis pacem» verdichtet sich diese Andacht noch mehr. Dies sind für mich sehr kostbare Momente. Meine innere Antenne stelle ich auf Empfang und sehe, wie die Seelen von in Leukerbad Verstorbenen in Form von durchsichtigen Lichtkugeln herbeischweben und wie Christus in einem smaragdgrünen Gewand durch die ehemalige Haupttüre der Kirche hereintritt, seine Arme ausbreitet und von hinten her mein Publikum liebevoll umarmt. Zum Abschluss singe ich «Pax Domini sit semper vobiscum», «der Friede des Herrn sei immer mit euch», und «Andate in pacem», «Gehet hin in Frieden» begleitet von meinen Klangschalen. In das «Amen» hinein tönt der Viertel-vor-sechs-Schlag zweier Glocken. Ich bedanke mich bei allen für ihr Kommen, wünsche inneren Frieden und reiche zwei Körbchen für die Kollekte herum. Drei Damen möchten sich noch persönlich bei mir bedanken. Sie erzählen mir, dass sie Hebammen aus Bern und dem Emmental seien. Sie hätten ein Wellness-Wochenende in Leukerbad gebucht, meine Klangmeditation sei ein wunderbarer Auftakt dazu gewesen. Eine erzählt mir, dass sie auf meiner Webseite dolphinkissis.ch Fotos von mit meiner Stimme besungenem Wasser, das nach der Methode von Masaru Emoto* fotografiert wurde. Vor einigen Jahren hätten sie ein Projekt gehabt, das Fruchtwasser von schwangeren Frauen, die keinen Ultraschall machen liessen, von Prof. Emoto untersuchen zu lassen. Leider sei dieser noch vor dem Projektbeginn gestorben. Ich sage: «Das ist ein wichtiges Thema. Ich hoffe, dass Sie daran weiterforschen können. Es gibt im Kanton Bern und im Tessin Fotografen, die mit dieser Methode arbeiten.»
Beglückt von den Erfahrungen und Begegnungen der letzten Stunde verlasse ich die Kirche und treffe zufälligerweise noch den Pfarrer. Ein «Spion» hätte ihm bereits erzählt, wie viele Leute gekommen seien.

* Vor mindestens 25 Jahren entdeckte der Japaner Masaru Emoto, dass Wasser Informationen aufnimmt und je nach Art dieser Information unterschiedliche Formen von Eiskristallen bildet. Er experimentierte mit der Beschallung von Wasser mit verschiedener Musik, mit Schimpfworten und liebevollen Worten, untersuchte auch Wasser von Heilquellen wie zum Beispiel Lourdes oder aus einem See vor und nach der Meditation einer Gruppe am Ufer. Eine Wasserprobe, die mit dem Wort «Liebe» oder «Danke» beschriftet worden ist, bildet wunderschöne sechsstrahlige Eiskristalle aus. Leitungswasser grosser Städte oder Proben, die beschimpft worden waren, wiesen eine zerfallene Struktur auf. Wenn wir bedenken, dass unser Körper mindestens zu 70% aus Wasser besteht und welche Informationen täglich auf uns einprasseln, ist es nicht verwunderlich, dass so viele Menschen krank sind. 

Foto: Seitenkapelle mit Maria von Fatima in der Leukerbader Pfarreikirche

und Text: Petra Dobrovolny