Meine Begegnungen mit Bruder Klaus
Am Freitag, den 8. März bot ich wieder eine Klangmeditation in der Pfarrkirche von Leukerbad an. Fünf Minuten vor Beginn strömen noch zusätzlich zu den bereits 15 Wartenden weitere 10 Gäste eilig herein. Georg hält Ihnen die Türe auf, gibt ihnen Sitzkissen und weist Plätze an. Dieses Mal befindet sich etwa ein Drittel Männer unter dem Publikum, so viele wie noch nie. Alle in Begleitung ihrer Partnerinnen. Die Kirchenglocken schlagen fünf Mal, also 17 Uhr, und ich beginne wie immer mit „in nomine patris et filii et spiritus sancti“, um sodann alle willkommen zu heissen mit „benedictus, benedicta, qui venit in nomine domini“. Bald schliessen die meisten der mir Zuhörenden die Augen, lassen sich von den sanften Klängen und Obertönen einhüllen und durchdringen, manche beten still vor sich hin. Dieses Mal versucht zum Glück niemand, mich zu filmen. Ich sehe eine goldene Lichtsäule, die aus dem Inneren der Erde kommend, sich durch meine Füsse bis über meinen Kopf spiralig nach oben dreht bis über das Dach der Kirche hinaus in den Abendhimmel. Die starke Konzentration des Publikums hilft mir, diese Lichtsäule die ganze Zeit mit meinen Klängen zu nähren und die entstehende Energie des Friedens zunächst im Kirchenraum zu verdichten, um sie sodann in die Welt zu senden. Nach einer Dreiviertelstunde schliesse ich ab mit „pax domini sit semper vobiscum“ und „andate in pacem“. Die Glocken schlagen viertel vor sechs. Ich danke den Anwesenden dafür, dass sie gekommen sind, um für den Frieden in der Welt und im Herzen zu beten. Georg sammelt die Kollekte ein. Etwa fünf Leute kommen die Altarstufen zu mir nach oben, um meine Instrumente aus der Nähe zu betrachten. Ein Mann steckt seine grosse Nase der Reihe nach in meine Klangschalen und sagt verwundert: „Die sind ja leer!“ Auch seine Frau will das Geheimnis meiner Klänge erforschen und berührt eine Schale. Ich bitte sie, es sein zu lassen und frage das Paar, woher sie kämen. „Aus der Innerschweiz, vom Kanton Obwalden“, sagt die Frau. „Oh, so wie Niklaus von Flüe“, antworte ich. „Ja, wir heissen auch von Flüe“. Jetzt bin ich diejenige, die staunt. Ob ich diese Meditation auch an anderen Orten gäbe, möchten sie wissen. Als ich verneine, bitten sie mich um meine Visitenkarte und meinen, sie würden gerne wiederkommen.
Niklaus von Flüe lebte von 1417 bis 1487. Er war ein einfacher Bergbauer, der weder lesen noch schreiben konnte, er war hellsichtig und hatte Visionen. Im Alter von 50 Jahren verliess er mit dem Einverständnis seiner Frau seine Familie mit inzwischen 10 Kindern. Die zwei ältesten inzwischen erwachsenen Söhne übernahmen den Bauernhof. Bruder Klaus verbrachte er den Rest seines Lebens ohne Essen und Trinken in einer Einsiedelei in der bewaldeten Ranft-Schlucht in der Nähe seines Familienhauses, um als Eremit zu beten und zu meditieren. Manchmal kamen Ratsuchende zu ihm, man erzählte von Wunderheilungen und anderen Wundern. Im Jahre 1481 bewahrte er durch seine Ratschläge und Ausstrahlung die Schweizer Eidgenossenschaft vor einer Spaltung und einem Bruderkrieg. Auch nach seinem Tod wandten sich viele Gläubige in ihrem Gebet an Bruder Klaus und berichteten, dass ihre Bitten erhört wurden. Auch während der beiden Weltkriege sollen ihn viele Menschen um Schutz und Beistand gebeten haben. 1947 wurde er heiliggesprochen und wurde offiziell zum Schweizer Nationalheiligen mit weltweiter Ausstrahlung.
Nun bin ich Bruder Klaus innerhalb kurzer Zeit viermal begegnet: In der Kirche von Albinen, die ihm geweiht ist, durch die neue Sakristanin von Leukerbad, Schwester Antoinette, die aus Sachseln, dem Herkunftsort von Bruder Klaus, stammt, im Kapitel 5 des Buches „Und plötzlich grosse Klarheit – Positive Prophezeiungen für die heutige Wendezeit“ von Armin Risi und nach meiner Klangmeditation diesem Ehepaar aus Obwalden, das dem Namen nach sogar mit ihm verwandt ist. Im Jahre 2017 erschien zum seinem 600. Geburtstag ein Buch mit dem Titel „Niklaus von Flüe – Engel des Friedens auf Erden“.
Meine Klangmeditationen verstehe ich als Gebet für den Frieden. Diese Begegnungen mit Bruder Klaus sind für mich ein Zeichen dafür, dass ich ihn dabei um Kraft und Inspiration bitten darf.
Foto: Staue von Bruder Klaus in der Kirche von Albinen bei Leukerbad
und Text: Petra Dobrovolny
Ein Ausflug in das „Vieux Pays“
Mitte Februar erfüllt sich mir ein schon lang gehegter Wunsch: Mit einer Freundin unternehme ich einen Ausflug nach Albinen. Die Gemeinde kaufte sich im Jahre 1226 vom damaligen Bischof los und wurde selbständig. Der Name Albinen stammt vom Wort „Arbignon“ und weist auf ein Waldgebiet hin. Das Dorf mit heute 248 Einwohner*innen liegt südlich von Leukerbad am Eingang des Dalatals auf 1300 m über dem Meeresspiegel mit einem wunderbaren Blick ins Rhonetal, das Naturgebiet des Pfynwalds und auf die südliche Alpenkette mit ihren Drei- und Viertausendern. Wegen der länger dauernden Abendsonne als in Leukerbad und der einheitlicheren Architektur mit vielen gut erhaltenen alten Häusern aus Holz und Stein ist Albinen ein beliebter Wohn- und Ferienort. Bei unserem Spaziergang durch die engen mit Steinen bepflasterten steilen Gassen ist die alte Zeit des Wallis in seiner Ursprünglichkeit spürbar. Das Wallis wird auch „le vieux pays“, das alte Land genannt. An diesem Ort ist dies besonders spürbar. Wir fühlen uns in eine mehrere hundert Jahre alte Vergangenheit versetzt. Ich spüre die Anwesenheit von Naturwesen, von alten Geistern, die die Häuser hüten und von den Ahnen, die in ihrem Leben hier wohnten und heute öfters zu Besuch kommen. Ab und zu unterbricht das Bohren eines Handwerkers die Stille. Ein altes Haus wird mit viel Fachwissen um die Erhaltung des Alten renoviert. Inmitten der alten Häuser steht eine ovale moderne Kirche aus dem Jahr 1959, die die ursprüngliche Kirche aus dem Jahr 1739 nach einem Erdbeben ersetzt. Sie ist dem Schweizer Nationalheiligen Bruder Klaus geweiht. Er wird als Friedensstifter verehrt und hatte eindrückliche Visionen. Darüber werde ich später noch etwas schreiben. – Die Dorfbeiz „Sunnublick“ hat geöffnet. Der Wirt empfängt uns freundlich, zwei Männer sitzen von einem Hund begleitet am runden Stammtisch und geniessen fast schweigend ihr Feierabendbier. Ich frage, ob jetzt viele Feriengäste hier seien und wie weit es sei bis zur nächsten Bushaltestelle in Richtung Tal. Sie meinen, dass Albinen wäre diese Woche gut besucht, die Skipisten hätten gute Bedingungen. Das bliebe noch so bis Ostern. Und bis Tschingeren dauere es etwa eine knappe Stunde nach unten. Das sei für uns kein Problem, denn wir seien ja gut zu Fuss. So werden wir fachmännisch eingeschätzt. Also machen wir uns auf den Weg, der Hochnebel gibt die Sonne etwas frei. Es ist ausnahmsweise windstill und nicht kalt. Nachmittags weht oft der Nordwind von der Gemmi her. Der schmale steile Wanderweg führt uns in engen Kurven zum Dorf Tschingeren mit einer von einem traditionellen Schieferdach bedeckten Kapelle. Den ganzen Altar nimmt eine grosse Statue der Muttergottes mit ihrem verstorbenen Sohn ein. Diese „Pietà“ scheint wundertätig zu sein. In einer Ecke der Kapelle hängen an der Decke aus Holz gefertigte Hände und Füsse als Votivgabe, als Dank der Betroffenen für ihre Heilung. Bald finden wir die Bushaltestelle und müssen nur 10 Minuten warten. Leukerbad kommt mir nach diesem Ausflug eher im negativen Sinn mondän vor und mit seinen bunt gemischten Baustilen verschiedener Jahrzehnte und Jahrhunderte ohne organische Ortsplanung sehr disharmonisch. Natürlich schätze ich hier die Einkaufsmöglichkeiten und die Nähe der Thermalbäder sowie die Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr. Doch kann ich sehr gut diejenigen verstehen, die Albinen den Vorzug geben. Übrigens haben die Albiner*innen vor ein paar Wochen dagegen gestimmt, dass am Berghang über dem Dorf eine grosse Solaranlage gebaut wird. Die Landschaft soll in ihrer Ursprünglichkeit und Schönheit bewahrt werden. Für mehr Informationen: www.albinen.ch
www.bruderklaus.com
Foto mit Blick ins Rhonetal
und Text: Petra Dobrovolny
Mit himmlischen und irdischen Klängen in das neue Jahr
Das neue Jahr begann für mich mit einer Grippe. Fünf Tage lang lag ich flach, meine Stimme hatte Mühe sich zu erholen. Auch dieses Jahr darf ich wieder mit pfarrlicher Erlaubnis jeweils am 2. Freitag im Monat in der Seitenkapelle der Leukerbadner Pfarreikirche eine Klangmeditation mit meinen drei grossen Kristallklangschalen, meiner Kristall-Lyra und meiner hoffentlich nicht allzu heiseren Stimme geben. Am 12. Januar war es wieder so weit. Georg meinte, ich solle mir ein instrumentales Alternativprogramm ausdenken. Also dachte ich, meine Traumharfe könnte meine Stimme vielleicht vertreten. Am Tag vor der Meditation nehme ich sie mit in die Kirche, um die Saiten dort zu stimmen. Saiteninstrumente sollten wegen der Raumtemperatur und der Luftfeuchtigkeit in derselben Umgebung gestimmt werden, in der sie anschliessend gespielt werden. Kaum bin ich bei der 5. Saite von 22, ertönt der Staubsauger der Frau, die die Kirche putzt. Von ihrem Reinigungsprogramm sie sich nicht abbringen, auch wenn sie Maria heisst, denn sie müsse heute noch viele Ferienwohnungen putzen, Leukerbad habe jetzt Hochsaison. Am nächsten Tag versuche ich mein Glück auf’s Neue. Bei der 11. Saite betritt eine Grossmutter mit ihren zwei Enkeln die Kirche. Diese stürmen nach vorne zum Altar, neben dem die Krippe aufgebaut ist, mit lautem Getrampel wieder zurück zur Oma, um dann mit lautem Geschwätz neben mir in der Seitenkapelle bei der Statue der Maria von Fatima eine Kerze anzuzünden. Auch heute kann ich meine Harfe wieder unverrichteter Dinge einpacken. Schliesslich zünde auch ich eine Kerze an und bitte die Muttergottes um die Klärung meiner Stimmbänder für meine Aufführung ab 17 Uhr. Georg versorgt mich liebevoll mit Kamillentee und bezieht seine Position als Türwächter, der die renovationsbedürftige Kirchentüre für das hereinströmende Publikum ohne Lärm öffnet und schliesst. Nach dem 5. Glockenschlag beginne ich, und zu meinem Erstaunen trägt meine Stimme. Maria von Fatima zwinkert mir zu, das Publikum lässt sich in meine Klänge einhüllen und schliesst sich im Stillen meinen Gebeten für den Frieden an.
Der Februar bricht alle bisherigen Rekorde. Seit den Aufzeichnungen des Jahres 1864 steht er an erster Stelle der Wärmerangliste mit 4.3 °C. Die Schmetterlinge erwachen bereits aus dem Winterschlaf.
Dieses Jahr fällt meine Klangmeditation in den Beginn der Fasnacht. Auf dem Weg zur Kirche treffen wir eine Gruppe mit bunt kostümierten „Guggenmusiker*innen“ mit Pauken, Trompeten, Saxofonen und weiteren nicht gerade leisen Instrumenten. Die bösen Geister müssen schliesslich am Ende des Winters ausgetrieben werden. Georg sagt ihnen, dass ab 17 Uhr in der Kirche eine Meditation stattfände. Ja, zu der Zeit würden sie unten beim Rathaus spielen, das sei kein Problem. Pfarrer Sommerhoff, der für mich in der Seitenkapelle die Beleuchtung einschaltet, meint, dass ich mir ein schlechtes Datum ausgesucht hätte. Er selbst hätte in der Karnevalszeit schon mal eine Messe absagen müssen. Vor Beginn meiner Darbietung bitte ich die Engel, für eine störungsfreie dreiviertel Stunde zu sorgen. Im Publikum befinden sich heute besonders viele, die es gewohnt sind zu meditieren du sich über eine längere Zeit zu konzentrieren. Sehr schnell bildet sich eine dichte Energiewolke, ein unsichtbares, aber fast greifbares schwingendes Gewebe aus Gebeten, Klängen, Obertönen und Stille jenseits von Raum und Zeit. Vier Minuten vor dem geplanten Abschluss mit „Pax domini sit semper vobiscum“, „Der Friede des Herrn möge immer bei euch sein“, und „Andate in pacem“, dringt allmählich lauter werdende Guggemusik von der Gasse zu uns in die Kirche. Meine himmlischen Klänge werden irdisch untermalt, bald übertönt. Ein Gegensatz, aber irgendwie auch nicht. Ich warte ab, bis der rhythmische Evergreen aus den 60er Jahren verklingt, füge ein „Andate in pacem“, gehet hin in Frieden, hinzu und runde alles ab mit einem „Amen“ pünktlich zum dreiviertel Schlag der Kirchenglocken, mit denen meine drei Klangschalen wunderbar harmonieren. Mein Publikum ist keineswegs irritiert, sondern amüsiert und dankbar für diese besondere Erfahrung von Gegensätzen.
Foto und Text: Petra Dobrovolny
21.12.23 Wintersonnenwende
Wie die Zeiten sich ändern oder auch nicht
Im Jahr 2020 lautete mein Tagebucheintrag zurzeit der Wintersonnenwende wie folgt:
«Menschen, denen es möglich ist, fliehen aus London, weil sich dort eine Variante des Virus verbreitet, die anscheinend noch viel ansteckender als die Bisherige sein soll. Die angrenzenden Länder auf dem europäischen Kontinent machen die Grenzen zu Grossbritannien dicht. Die Schweiz stellt ab heute Mitternacht den Flugverkehr dorthin ein. Die zuständigen offiziellen Stellen beeilen sich zu sagen, dass der gerade bewilligte Impfstoff auch gegen diese mutierte Variante wirke. Woher wissen die das?»
In den nachfolgenden Monaten stellte sich heraus, dass weder diese Variante gefährlicher war noch, dass der Impfstoff auch hier gegen wirkte. Bald einmal gab es mehr Geimpfte als Ungeimpfte in den Spitälern.
Zur Wintersonnenwende am 21. Dezember 2021 schrieb ich:
«Der Kanal des unabhängigen Journalisten Boris Reitschuster hatte zum Titel ein Zitat aus der Bundespressekonferenz: Eine Frage noch, Herr Reitschuster!
Meine Frage lautet: Will ich, dass eine Regierung angeblich aus lauter Liebe und Fürsorge zur Bevölkerung bestimmt, wie und wann ich als Bürgerin zu sterben habe? Ich antworte mit einem Zitat aus dem Song der Band «Queen»: To much love can kill you! Zuviel Liebe kann dich töten!»
Heute wissen wir, dass Herr Reitschuster von der Bundespressekonferenz ausgeschlossen wurde und seinen Wohnsitz unfreiwilligerweise ins Ausland verlegt hat. Und wir wissen, dass viele Menschen weltweit an den Folgen der Impfung leiden oder bereits gestorben sind.
Am 24. Dezember 2022 schrieb ich, dass in Leukerbad die Gäste wegen Schneemangel ausbleiben. Obwohl am 18. Dezember die neue Seilbahn auf den Torrent eingeweiht wurde. Die Skifahrenden können nicht bis ins Dorf fahren und haben sich andere Destinationen ausgesucht. Das Restaurant Weidstübli hat demzufolge nur vier Gäste, darunter Georg und mich. Die Chefin lässt laute kitschige amerikanische Weihnachtsmusik spielen, in der Hoffnung, es kämen noch mehr Gäste. – Anstatt weihnachtlicher Duft verbreitet sich in Waschküche und Treppenhaus unseres Hauses der Verwesungsgeruch von 30 kg Rind- und Schweinefleisch, das unser deutscher Nachbar Hans in einem Kellerabteil trocknet. Dies sei eben Walliser Tradition, er mache das seit 20 Jahren und liesse sich von einem Neuankömmling wie mich schon gar nichts sagen. Und jetzt, 2023, also ein Jahr später: Leukerbad ertrinkt in Schnee, zahlreiche Gäste, besonders Familien haben sich eingefunden. Hans trocknet wieder sein Fleisch. Trotz der vielen mündlichen und schriftlichen Reklamationen in den letzten zwei Jahren. Für die nächsten Monate kann ich vergessen, meine Wäsche in der Waschküche zu trocknen. – Die Kriege in der Welt werden noch grausamer und häufiger. Hoffen wir, dass der Höhepunkt erreicht ist. Für 2024 habe ich wieder jeweils am 2. Freitag im Monat eine Klangmeditation für den Frieden geplant.
Meine Tagebücher 2020, 2021 und 2022 wurden in den Sammelbänden „Nie wieder Martini“, „Im Zwielicht“ und „Die japanische Freundin“ vom Literaturpodium in der Edition Dorante, Berlin, herausgegeben und sind im Buchhandel erhältlich.
Foto: Die Sonne mit ihren Stürmen über dem Rhonetal und den Walliser Alpen
und Text: Petra Dobrovolny
Das kann an’s Auge gehen …
… zum Glück nicht in das Auge! Es kann sein, dass dies einigen von euch auch schon passiert ist oder noch passieren wird, was ich niemandem wünsche. Deswegen schreibe ich hier darüber. Ihr erinnert euch: Ende September war ich für ein paar Tage nach Bonn gereist, um an einem Familientreffen und auch einem Klassentreffen teilzunehmen. Dies bedeutete für mich einen nahen Kontakt mit vielen Geimpften. Nach der Rückkehr in die Schweiz fühlte ich mich eine Woche lang sehr erschöpft. Etwa vier Wochen später entwickelte sich eine zunehmende Schwellung und Entzündung auf meinem linken oberen Augenlid. Zunächst fühlte es sich so an wie sonst, wenn ich ein Lebensmittel mit genmanipuliertem Weizen gegessen habe. Wenn möglich meide ich Weizenprodukte, da ich darauf allergisch reagiere. Die Schwellung bzw. das Ödem kann so heftig sein, dass ich morgens kaum das Auge öffnen kann. Sie bildet sich etwa nach drei Tagen wieder zurück. Dieses Mal war es anders: Es bildete sich auf dem Augenlid eine rote Halbkugel, die langsam grösser und dunkelviolett wurde. Dazu kamen ein Jucken und zeitweise ein Stechen. So etwas war mir noch nie passiert. Ich ging zu einer Sitzung bei meiner Bioresonanztherapeutin mit dem Wunsch, Weizen auszuleiten. Doch die Werte von Weizen waren überraschenderweise sehr niedrig und konnten nicht die Ursache für diese heftige Entzündung an meinem Auge sein. Jedenfalls liess ich mir mein Immunsystem durch diese Therapie stärken und besorgte mir ein spagyrisches Mittel zur Ausleitung von Schadstoffen. Drei Tage später platzte die Halbkugel, deren Durchmesser inzwischen etwa 1 cm betrug. Zunächst floss sehr dickflüssiges dunkelrotes Blut, das allmählich flüssiger und heller wurde. Ich war erleichtert «dieses Zeug» loszuwerden und testete selbst, was es sein könnte. Meine Vermutung wurde bestätigt: Es waren Spikeproteine.
Manche geimpfte Personen tragen bzw. produzieren immer noch Spikeproteine. Diese können sie auch ausatmen und auf diese Weise verbreiten. Auf YT findet Ihr Infos zu diesem Phänomen, das inzwischen als „shedding“ bekannt ist. Davon hatte ich wohl etwas abbekommen.
Text: Petra Dobrovolny
Fussnote:
Am 10. Dezember d.J. gab die deutsche Partei «die Basis» zum Tag der Menschenrechte eine Pressekonferenz in Karlsruhe. Hier berichtete der Rechtsanwalt Ralf Ludwig, dass er in Deutschland Strafanzeige gegen die Verantwortlichen eingereicht hat mit dem Ziel bis vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu gehen. Hier der Link zu seiner Rede, die etwa 8 Minuten dauert:
17.12.2023 Dritter Advent und ein Rückblick
Es geht nicht nur auf Weihnachten zu, sondern zunächst mal auf die Wintersonnenwende. Heute werde ich eine Allgäuer Heilkräuterkerze anzünden, die dem Thema Jahresrad und dem 21. Dezember gewidmet ist. Sie verströmt mit ihrem Licht den Duft von Myrrhe, Fichten, Tannen, Weihrauch und Mistel. Die Natur regeneriert sich. Alles verlangsamt sich auf wohltuende Weise. Die jetzige Zeitenergie unterstützt den Rückblick. In meinem Fall blicke ich auf ein Jahr Klangmeditation in der Leukerbadner Pfarreikirche zurück:
Seit Dezember 2022 darf ich jeden 2. Freitag im Monat von 17 bis 17.45 Uhr – Glockenschlag! — mit drei grossen Kristallklangschalen und einer Lyra aus Bergkristall eine Klangmeditation in der Seitenkapelle der Pfarreikirche anbieten. Zu den Klängen singe ich Texte aus der lateinischen Liturgie in von mir komponierten Melodien. Dieses Angebot ist eine interkulturelle und interkonfessionelle Meditation für den Frieden mit dem Titel «Dona nobis pacem». Zudem darf ich zur Mittagszeit bzw. wenn nicht gerade ein Organist oder eine Organistin an der Orgel üben, meine Klangmeditation für den Frieden den «zufälligen» Besuchenden darbieten.
Bis heute habe ich plangemäss 12 Klangmeditationen (2 davon im Dez 22, am 9. und 23.) durchgeführt, die im Pfarreiblatt, vom Tourismusbüro im online-Eventkalender und über von mir in Hotels und Geschäften verteilte Plakate angekündigt wurden. Es kamen jeweils zwischen 10 bis 35 Besuchende, zu 85% Frauen im Alter von 40 bis über 85 Jahren. Männer wurden meistens von ihrer Partnerin begleitet. Etwa 30 % der Teilnehmenden sind Einheimische und Patienten und Patientinnen der Leukerbader «Rehaclinic». Die auswärtigen Gäste kommen zu 70% aus der Schweiz, d.h. aus den Kantonen Fribourg, Bern, Luzern, Schwyz, Waadt, Wallis, Genf, Tessin und Neuenburg. Die Gäste aus dem Ausland kommen aus Deutschland, den Niederlanden, Italien, Portugal, Japan, der Slowakei, der Tschechischen Republik und der Ukraine. Die meisten Teilnehmenden beten schweigend mit. Manche scheinen es gewohnt zu sein zu meditieren und können sich besonders intensiv während 45 Minuten auf die Klänge konzentrieren. Als Darbietende kann ich wahrnehmen, wann sich mein Publikum entspannt, wer die innere Einkehr sucht und wer zu Tränen gerührt ist. Zum Abschluss bedanke ich mich bei den Anwesenden für ihr Dasein und ihr Mitbeten für den Frieden in der Welt und den Frieden im eigenen Herzen und verbinde dies mit dem Wunsch, dass sie diesen Frieden in ihren Alltag mitnehmen mögen.
Mindestens 4mal pro Woche habe ich dieses Jahr während der Mittagszeit ohne publizierte Ankündigung die Klangmeditation gespielt. Kirchenbesuchende, die zum Gebet, zum Anzünden einer Kerze bei der Statue der Hl. Maria von Fatima oder zur Besichtigung vorbeikamen, entdeckten meine Darbietung also per Zufall. Die meisten reagierten verwundert, neugierig oder auch freudig überrascht, setzten sich hin und lauschten meinen Klängen, manchmal sogar länger als eine halbe Stunde. Kinder waren besonders fasziniert, wurden ruhig und lauschten andächtig.
Die Rückmeldungen im Wortlaut:
«Meine Glückwünsche zu dem, was Sie da tun! Es ist sehr sanft und beruhigend. Sie haben uns einen schönen Moment geschenkt. Herzlichen Dank!»
«Ihre Klänge haben mein Herz geöffnet. Ich musste weinen. So etwas habe ich noch nie erlebt.»
« Es ist sehr entspannend. Ich spüre keine Schmerzen mehr.»
« Ich kenne Klangschalen, aber so etwas habe ich noch nie gehört.»
« Hat es Sie gestört, dass ich geweint habe? Es kam einfach über mich. Es war so ergreifend.»
« Wie ist es möglich, solche Klänge hervorzubringen ohne Mikrophon, Verstärker und sonstige Technik?»
« Ich habe die Zeit und alle Sorgen vergessen. Es war wie im Himmel.»
«Die Akustik ist wunderbar! Man fühlt sich ganz in die Klänge eingehüllt. Ihre Stimme wirkt sehr heilend.»
«Ich erlebe gerade eine schwere Zeit. Ihre Klänge und Ihr Gesang haben mich getröstet. Herzlichen Dank!»
Es gibt auch nonverbale Rückmeldungen, wenn die Besuchenden mit einer Dankesgeste in meine Richtung die Kirche wieder verlassen. Einmal zur Mittagszeit war ein zufälliger Passant zu Tränen gerührt, betete länger weinend für sich und legte mir vor dem Weggehen schweigend ein 5-Franken-Stück auf den Tisch.
Allmählich wird dieses monatliche Angebot bekannter. Es gibt Frauen, die extra deswegen nach Leukerbad kommen und Freundinnen mitnehmen. So kommen wiederholt Besucherinnen aus Crans, Fribourg und Spiez.
Mein herzlicher Dank gilt allen, die diese interkulturelle und interkonfessionelle Klangmeditation für den Frieden unterstützen …
Foto und Text: Petra Dobrovolny
Dokumente aus dem Jahr 1977 und die Erinnerung an einen juristischen Schutzengel
Kennt Ihr das auch? Ihr sucht ein Dokument tief unten in einer alten Schachtel. Zum Vorschein kommt ein anderes. So erging es mir vor ein paar Tagen. Mein Fund veranlasste mich zu einer Reise in vergangene Zeiten. Das Dokument, welches bei meiner Suche zum Vorschein kam, ist eine Verfügung der Fremdenpolizei des Kantons Zürich vom 6. Juni 1977. Sie stützt sich auf das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 (!) und ist eine Antwort auf meine insgesamt drei Gesuche um die Verlängerung der Gültigkeit meiner Aufenthaltsbewilligung, um die Bewilligung zum Stellenantritt als Psychologin für neuropsychologische Therapie am Kantonsspital Zürich im Rahmen eines Forschungsprojekts des Schweizerischen Nationalfonds sowie um eine Niederlassungsbewilligung im Kanton Zürich. Meine Gesuche werden alle abgelehnt, da ich ohne fremdenpolizeiliche Genehmigung meine Arbeitsstelle widerrechtlich bereits am 1.9.1976 angetreten hatte. «Zum Verlassen des zürcherischen Kantonsgebietes wird ihr (mir) eine Frist bis zum 10. Juli 1977 angesetzt.» Gemäss dem Bundesgesetz aus dem Jahre 1931 Artikel 17 Absatz 2, so wird in der Verfügung ausgeführt, zählt nicht, dass mein Ehemann für den Kanton St. Gallen eine Niederlassung und für den Kanton Zürich eine Nebenniederlassung hat. Es zählt ebenfalls nicht, dass ich weiterhin zwecks Doktorandenstudium an der Universität Zürich immatrikuliert bin.
Zur Erklärung für die Lesenden: Im Herbst 1970 hatte ich nach meinem Abitur an der Europa-Schule in Luxemburg meinen Wohnsitz zwecks Studiums in die Schweiz verlegt. Somit stand ich unter Aufsicht der kantonalen Fremdenpolizei. Gemäss unserer Kenntnis der Bestimmungen hätte ich gesetzlich ein Anrecht auf eine Niederlassung in der Schweiz gehabt, falls ich entweder einen Schweizer oder einen «Niederlasser» heirate, d.h. einen Ausländer, der in der Schweiz wohnen und arbeiten darf. Als politischer Flüchtling nach der sowjetischen Invasion in die damalige Tschechoslowakei im Jahre 1968 hatte mein Georg gesetzlichen Anspruch auf eine Niederlassungsbewilligung. Den Antrag auf einen Schweizer Pass konnte er erst nach 12 Jahren ununterbrochenem Wohnsitz in der Eidgenossenschaft stellen, wenn er noch dazu die letzten 3 Jahre dieser Zeit in derselben Wohngemeinde verbracht hatte. Doch das ist eine andere Geschichte.
Mein Stellenantritt in Zürich per 1.9.1976 war uns seit Ende Juni 1976 bekannt. Im Juli schloss ich meine Lizentiatsprüfung in klinischer Psychologie ab. Im August wollten wir heiraten, auch damit meiner Arbeitsbewilligung nichts mehr im Wege stand. An Georgs Eltern, die in der Tschechoslowakei lebten, hatten wir schon längst die damals nötigen Antragsformulare für eine Ausreisegenehmigung zu unserer Hochzeit geschickt. Doch die kommunistischen Behörden zögerten die Bearbeitung mit schlussendlich einem negativen Entscheid lange hinaus. Einen Hochzeitstermin bekamen wir gerade doch noch für Ende September hin. Dies alles war der Fremdenpolizei äusserst verdächtig und sie vermuteten, dass ich mir mit grosser Raffinesse einen «Niederlasser» angeln wollte, um auf Kosten der Schweiz meine akademische Karriere fortzusetzen. Es musste sich um eine fingierte Heirat handeln, zumal ich mich «nicht in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Ehemann aufhielt». Obwohl wir bereits ein halbes Jahr vor der Hochzeit in Zürich eine gemeinsame Wohnung hatten. Ausschlaggebend für die Zürcher Fremdenpolizei war Georgs Hauptwohnsitz im Kanton St. Gallen, für welchen er eine Niederlassungsbewilligung hatte. Seit April 1977, also noch vor der fremdenpolizeilichen Verfügung vom 7. Juni hatte Georg auf seinen Antrag hin eine Nebenniederlassungsbewilligung für den Kanton Zürich erhalten. Gemäss den Zürcher Behörden hätte ich, um die «Echtheit» unserer Eheschliessung zu beweisen, in St. Gallen bei meinem Ehemann wohnen, den gemeinsamen Haushalt besorgen müssen und die mir angebotene Stelle am Kantonsspital Zürich erst gar nicht annehmen dürfen.
Immerhin wurde mir eine Frist von 20 Tagen genehmigt, um gegen die Verfügung beim Regierungsrat des Kantons Zürich Rekurs einzulegen. Mein Schreiben «muss einen begründeten Antrag erhalten. Verfügung und Beweismittel sind beizulegen oder genau zu bezeichnen.» Bereits seit Herbst 1976 hatte ich begonnen alle möglichen Formulare auszufüllen und einzureichen. Am 1. Februar 1977 hatte mich das Arbeitsamt des Kantons Zürich angerufen und mir mündlich mitgeteilt, dass ich keine Arbeitsbewilligung benötige, wenn ich eine Niederlassung hätte. Und falls ich noch an der Uni immatrikuliert sei, würde ich nicht das Kontingent für ausländische Arbeitskräfte belasten, sondern als Studentin gelten. Wahrscheinlich stimmt hier das Gesetz von 1931 nicht mehr mit den im Jahre 1977 praktizierten Bestimmungen für ausländische Arbeitnehmer überein. Oder das eine Amt weiss nicht, was das andere tut. Mein Chef, der Leiter des neuropsychologischen Laboratoriums, verstand als Schweizer die Welt nicht mehr. Er unterschrieb in mehreren Formularen die Erklärung, dass er über diese administrativen Schwierigkeiten vor meinem Stellenantritt nicht informiert worden war.
Wie schon oft in meinem Leben trat nun ein Schutzengel auf die Bühne, dieses Mal in Gestalt eines Zürcher Rechtsanwalts. Er wurde uns über einen lieben Freund vermittelt. Dieser Schutzengel rief am 21. Juni 1977, also noch rechtzeitig vor dem 10. Juli, an welchem ich spätestens das Zürcher Kantonsgebiet hätte verlassen müssen, kurzerhand den Chef der Zürcher Fremdenpolizei an und liess ihm anschliessend ein Protokoll dieses Telefonats per Einschreiben mit Kopie an Georgs St. Galler Adresse zukommen. Telefonisch hatte er dem Herrn Polizisten die «auf Missverständnissen beruhenden Differenzen zwischen dem Kanton Zürich und dem Kanton St. Gallen dargelegt.» In der Schlussfolgerung wird in bestem Einvernehmen beider Kantone die zürcherische Verfügung vom 6.6.1977 suspendiert. Das weitere vereinbarte Vorgehen: Georg werde in St. Gallen für mich eine Niederlassungsbewilligung, auf welche ich gesetzlichen Anspruch hätte (also doch!), beantragen. Sobald diese ausgestellt sei, was in wenigen Tagen passiere, werde Georg sich mit der Zürcher Fremdenpolizei in Verbindung setzen, um die weiteren zürcherischen Formalitäten für mich zu erledigen. Mein Schutzengel beendet den Brief so: «Ich danke Ihnen dafür, dass Sie so entschlossen und rasch dazu beigetragen haben, die schon sehr verfahrene Situation einer glücklichen Lösung zuzuführen und verbleibe mit freundlichen Grüssen P.M.G. Man kann viel von Schutzengeln lernen. Nach 10 Monaten Hin und Her mit unzähligen eingeschriebenen und per express gesandten Briefen und Telefonaten fand diese «Causa» ein gutes Ende.
Ich hatte nie daran gezweifelt, denn ich wusste, dass ich im Recht war und sich die Missverständnisse irgendwie aufklären würden. Weder kündigte ich meine Arbeitsstelle noch unsere Wohnung, noch packte ich meine Sachen, um das Zürcher Kantonsgebiet vor dem 10. Juli 1977 zu verlassen. Dank dieser glücklichen Wende konnten alle Beteiligten, vor allem mein Chef, erleichtert aufatmen. Für ihn hatte viel auf dem Spiel gestanden: Das Forschungsprojekt des schweizerischen Nationalfonds, dessen Leitung er innehatte, war vor meinem Stellenantritt bereits zwei Jahre lang ohne bauchbare Ergebnisse verlaufen. Nun lagen alle Hoffnungen auf mir, innerhalb der weiteren zwei Jahre eine neuropsychologische Therapie für hirnverletzte Patienten und Patientinnen zu erarbeiten, deren Erfolg sich einerseits in einer gelungenen Rehabilitation der Betroffenen in Alltag und Beruf zeigte und andererseits wissenschaftlich nachgewiesen werden konnte. Für die Betroffenen stand noch viel mehr auf dem Spiel als für meinen Chef: Viele wurden damals in einer psychiatrischen Klinik versorgt oder sie verkümmerten als Folge einer fehlenden passenden Therapie nter der Obhut von sich aufopfernden Angehörigen. Es gelang mir, die neuropsychologische Therapie als wichtigsten Baustein der Rehabilitation zu erforschen und schweizweit bekannt zu machen. «Neuro-Rehabilitation» war kein Fremdwort mehr. Das diskriminierende Menschenbild, welches auch in der Fachwelt verbreitet war, wandelte sich. Meine Dissertation über Betroffene, die als Erwachsenen plötzlich eine Hirnverletzung erleben, fand grossen Anklang. Die damals neu entstandenen regionalen Selbsthilfegruppen von Betroffenen und deren Angehörigen sowie Arbeitgebende und Vorgesetzten gaben mir zahlreiche positive Rückmeldungen und dankten mir dafür, dass meine Arbeit zu einem besseren Verständnis dieser Mitmenschen verholfen hatte.
Vor etwa vier Jahren hörte ich zufälligerweise in den Mittagsnachrichten folgende Meldung: Die Schweiz hätte sich entschieden einem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Personen aus dem Ausland, die hier ein Studium oder eine Fachausbildung abgeschlossen hätten, erhielten ab sofort eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung auch ohne einen Schweizer oder eine Schweizerin oder jemanden mit einer Niederlassungsbewilligung heiraten zu müssen.
Die Dokumente aus dem Jahre 1977 kann ich nun als Altpapier entsorgen. Meinem damaligen Schutzengel, der mir nie eine Rechnung geschrieben hat, danke ich noch einmal in der Form eines Gebets. Bestimmt hat er eine «himmlische Karriere» gemacht, wandelt jetzt unsichtbar auf dieser Erde und bewirkt zur Verwunderung der Menschen unerklärbare glückliche Wendungen. Ruft ihn herbei, wenn ihr in Not seid!
Foto: Sonne über Leukerbad
und Text: Petra Dobrovolny-Mühlenbach
Meine Klangmeditation am 11. August
Am 11. August findet wie jeden 2. Freitag im Monat meine Klangmeditation in der Kirche in Leukerbad statt. Beim Eingang spricht mich eine Dame aus Lausanne an: «Sind Sie diejenige, die hier Klangmeditationen geben?» Ich bejahe. «Dann habe ich Sie vorgestern schon gesehen und gehört! O, wissen Sie, Ihre Klänge rufen so starke Emotionen hervor! Wunderbar! Darum bin ich jetzt nochmal gekommen. Und mein Mann kommt auch, aber etwas später. Er ist gerade noch in der Klinik in einer Therapie.» Während ich meine Kristallinstrumente auf dem kleinen Altar der Seitenkapelle bereitlege und eine Kerze anzünde, finden sich etwa 27 Personen ein. Wie bisher besteht mein Publikum zu 90% aus Frauen. Einige davon bringen ihre Ehepartner mit. Heute sind auch Zuhörende dabei, die gewohnt sind zu meditieren. Sie setzen beide Füsse auf den Boden, legen die Hände wie zwei Schalen mit den Handinnenflächen nach oben auf die Oberschenkel, sitzen gut aufgerichtet da und schliessen die meiste Zeit über die Augen. Beim Warten auf den 17-Uhr-Glockenschlag stimme ich mein Publikum bereits leise auf die Klänge meiner drei Kristallschalen und der Kristall-Lyra. Zufälligerweise harmonisieren die Klangschalen mit den Kirchenglocken. Während 45 Minuten geniessen die Zuhörenden das Klangbad. Nach 10 Minuten sehe ich, dass viele gähnen. Dies verstehe ich als ein Zeichen der Entspannung. Nach weiteren 10 Minuten beginnen Tränen zu fliessen. Mein «Dona nobis pacem» und «Ave Maria» berühren die Herzen. Heute betet ein Besucher in der hintere Stuhlreihe kniend und sehr andächtig mit. Auch weint er dabei. Männer schämen sich ihrer Tränen und möchten schon gar nicht, dass jemand sie sieht. Deswegen verlässt dieser Mann 10 Minuten vor Schluss der Vorstellung die Kirche, um allein zu sein. In Gedanken schicke ich ihm einen tröstenden Engel. Einige neugierige Besuchende, die auf ihrem Weg ins Restaurant an der Kirche vorbeikommen, schauen auch dieses Mal wieder herein, wollen sich zwar nicht setzen, hören heute aber länger zu als sonst. Mein Georg sorgt als Türsteher jedes Mal dafür, dass die renovationsbedürftige Kirchentüre nicht laut geöffnet und geschlossen wird. Besonders dieses Mal inspiriert mich die dichte Konzentration und Andacht des Publikums so, dass ich die Klänge und lateinischen Gesänge mit Passagen von Obertönen in voller Hingabe gestalten kann. Die Glocken verkünden mit dem ¾ – Schlag das Ende der Veranstaltung, ich schliesse ab mit «Andate in pacem» und «Amen». Das Publikum klatscht leise und dankbar Beifall, das Körbchen für die Kollekte, die für ein Projekt für kriegstraumatisierte Menschen bestimmt ist, wandert von Hand zu Hand. Zwei Besucherinnen aus Amsterdam und eine weitere aus Fribourg bedanken sich noch persönlich bei mir. Letztere möchte noch wissen, aus welchem Material meine Schlägel seien. Ich antworte: «Aus Silikon.» Sie kann nicht glauben, dass man mit Silikon solche erstaunlichen Klänge hervorbringen kann und schaut mit suchendem Blick in die Umgebung in der Erwartung noch Lautsprecher oder sonstige technische Einrichtungen zu entdecken. Ob ich denn wirklich keine Hintergrundmusik laufen liesse, will sie wissen. Ich verneine. Das sei unglaublich, «incroyable», meint die Dame aus Fribourg und verlässt die Kirche um ein Hörerlebnis reicher. Mit einem Glas Walliser Weisswein in der benachbarten Bar schliessen Georg und ich den Abend ab, dankbar für das Publikum, welches ich heute mit meinen Klängen beglücken durfte.
Foto: Meine Kristallinstrumente auf dem Altar der Seitenkapelle der Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen, in Leukerbad
und Text: Petra Dobrovolny
Ein Alpgottesdienst auf 2070 ü .d. M.
In der Umgebung von Leukerbad gibt es zahlreiche Kapellen, in oder bei denen einmal im Sommer ein Gottesdienst abgehalten wird. Am 3. Sonntag im Juli ist die Kapelle «Maria Sieben Schmerzen» an der Reihe. Anschliessend findet ein Fest auf der 10 Minuten entfernt gelegenen und bewirtschafteten Flüealp auf 2039 ü.d.M. statt.
Zufälligerweise verbringen die Kühe der uns aus Bremgarten bei Bern bekannten Bauernfamilie Hadorn dort jeden Sommer. Auf über 2000 Meter Höhe finden sie saftige Wiesen mit Bergkräutern, gutes Wasser und saubere Luft. Aus ihrer Milch wird noch auf der Alp Käse hergestellt, der als «Alpkäse von den eigenen Kühen» unten «im Flachland» im Hofladen sehr erfolgreich verkauft wird. Diesen leckeren Käse kennen wir bereits. Doch hat mein Lebenspartner Georg erst vor kurzem von Martin Hadorn erfahren, dass sich die Alp, wohin er seine Kühe in Kur schickt, oberhalb von Leukerbad befindet. Zufälligerweise heisst die Pächterin ebenfalls Petra, so wie ich. Georg staunt und erzählt mir diese Neuigkeit sofort per Telefon. Diese Petra habe ich vor zwei Jahren hier in Leukerbad als Chefin der «alten Molkeri» kennengelernt. Sie hat vor ein paar Jahren ihr Düsseldorfer Stadtleben gegen das Walliser Bergleben eingetauscht. Die Liebe hatte wohl kräftig mitgeholfen. Der Käse von der Alp schmeckt wunderbar, besonders derjenige mit Bärlauch. Bei meinem Einkauf im Juni frage ich Petra, wann sie wieder mit den Kühen auf der Alp sei, denn ich wolle endlich mal vorbeikommen. Sie empfiehlt mir das Fest vom 23. Juli, falls das Wetter mitmache. Es gäbe auch ein Alpentaxi.
Die Aussicht auf einen solchen Ausflug gefällt mir. Schliesslich verbringe ich bereits den dritten Sommer in Leukerbad und im hinteren Dala-Tal war ich noch nicht. Im Winter ist der Weg lange Zeit wegen Lawinengefahr gesperrt. Im Pfarrblatt ist bei der Kapelle um 11 Uhr ein Gottesdienst angekündigt. Ich finde, das ist DIE Gelegenheit. Vielleicht kann ich mit dem Alpentaxi oder mit sonst jemandem mitfahren oder mitwandern. Auf dem Weg wäre ich jedenfalls nicht allein, denn dieser Anlass ist sehr begehrt. Ich weiss, dass es gefährlich ist, allein auf einsamen Wegen in den Bergen unterwegs zu sein.
Der Sonntagmorgen verspricht den prächtigsten Tag der Woche. Der Himmel ist wolkenlos, Gewitter werden erst in der folgenden Nacht erwartet. Um 8.40 Uhr nehme ich den Weg unter meine Wanderschuhe und -stöcke. Ich wähle die Forststrasse, die im Winter den vom Torrent kommenden Skifahrenden als Abfahrtspiste dient. Teilweise führt sie durch einen Fichten- und Lärchenwald. Ein Höhenunterschied von 600 m liegt vor mir, die Temperatur beträgt etwa 15° C und wird heute kaum über 23° C steigen. Die fast unberührte Natur – wenn da nicht die orangen Sicherheitsnetze aus Plastik für die Skipiste wären – erwacht an diesem Morgen in ihrer ganzen Pracht wie in den ersten Schöpfungstagen. So empfand es Rainer Maria Rilke, der von der Walliser Landschaft so fasziniert war, dass er sich vor etwas mehr als 100 Jahren bei Siders im Château de Muzot niederliess.
Ein sehr schneller Wanderer überholt mich, sonst begegnet mir niemand. Wahrscheinlich bin ich etwas zu spät unterwegs. Meiner Berechnung nach sollte ich um 11.10 Uhr bei der Flüekapelle ankommen. Nach einer Stunde erreiche ich die erste Alp mit vier unbewohnten Hütten: Folljeret genannt, auf 1773 ü.d.M. Oberhalb meines Wegs sehe ich plötzlich drei vorbeifahrende PKWs und denke: «Oh, da habe ich jetzt eine Mitfahrgelegenheit verpasst.» Doch es ist noch nicht 10 Uhr, zeit- und kraftmässig habe ich noch einen guten Vorrat. Ich verlasse den Forstweg, um links abzubiegen, und setze meinen Weg auf der asphaltierten Strasse, die zur Flüealp führt, fort. Ab und zu fährt ein Mountainbiker an mir vorbei. Bald erreiche ich die bewohnte Majingalp auf 1933 ü.d.M. staune über die im Freien weidenden Schweine und Ziegen. Die Tiere sehen sehr gepflegt aus. So saubere und schlanke Schweine habe ich noch nie gesehen. Eine Tafel informiert über das Angebot: Man kann Fleisch und Käse kaufen, auch Kleinigkeiten essen und etwas trinken. Auf dem Rückweg werde ich dort einkehren. Jetzt muss ich weiter, denn die Zeit drängt. Auf dieser Höhe erscheint die mächtige Felswand auf der anderen Seite, von der Gemmi her, viel näher als von unten von Leukerbad auf 1411 ü.d.M. aus. Mein Handy klingelt, Georg meldet sich. Er freut sich, dass ich wohlauf und fit bin. Plötzlich reisst die Verbindung ab, gerade habe ich ein Gebiet ohne Funkverbindung betreten. Hinter mir höre ich das Alpentaxi. Auf mein Zeichen hin hält der Fahrer an. Nein, er könne mich nicht mitnehmen, es gäbe keinen Platz mehr. Pech gehabt! Doch die letzte halbe Stunde des Wegs schaffe ich auch noch zu Fuss. Ein Wegweiser kündigt mir an, dass sich die Flüealp nur noch 10 und die Flüekapelle 20 Minuten entfernt sind. Oben am Berghang in etwa 100m Entfernung entdecke ich die gemütlich weidenden einheimischen und Bremgartner Kühe der Rasse «Simmentaler Fleckvieh». Nach einer weiteren Kurve taucht endlich das Dach der Kuhställe auf. Klänge von beschwingter Alpmusik dringen an mein Ohr. Vor drei Alphütten warten Bänke, Tische und Sonnenschirme auf Gäste. Ohne Halt setze ich meinen gemäss Wegweiser noch 10-minütigen Weg zur Kapelle fort. Es ist bereits 11 Uhr, der Gottesdienst hat soeben begonnen. Aber wo? Ich halte Ausschau nach einer freistehenden Kapelle mit einem Türmchen, so wie man sich eben eine klassische Kapelle vorstellt. Von einem solchen Gebäude ist jedoch weit und breit nichts zu sehen. Das Foto der Kapelle im Prospekt ist mir nicht mehr präsent. Sonst hätte ich gewusst, dass sie gar keinen Turm hat, sondern unter einen Felsvorsprung gebaut wurde. Nach 5 Minuten verkündet ein weiterer Wegweiser noch einmal 10 Minuten bis zur Flüekapelle an. Nun bin ich nicht nur jenseits des Internets, sondern auch jenseits der Zeit unterwegs. Vor mir liegen kleine Hügel mit grünen Alpweiden, weiter oben Schneefelder und nackte Felsen. In weiterer Ferne der Gitzifurka-Pass und die Bergkette mit dem spitzen Majinghorn. Hinter mir ist eine Gruppe Biker wegen des schmalen Weges von ihrem Gefährt abgestiegen. Auch sie scheinen etwas zu suchen. Der Chef wendet sich höflich an mich mit der Frage, ob er mich etwas fragen dürfe. So als sei ich die grösste Expertin für die Wege hier im «letzten Winkel der Welt». Die Sportler suchen zum Glück nicht auch nach der von mir gesuchten Kapelle, sondern wollen wissen, ob dies der Weg zum Torrent sei. Der nächste Wegweiser zeigt jedoch einen alpinen Wanderweg zur Gitzifurka an, also weder einen Bike-Weg noch den Torrent als Ziel. Ich rate von diesem Weg ab. Sie sollten besser umkehren und nach einer Abzweigung mit dem Zeichen für Bikes und der Aufschrift «Torrent» Ausschau halten. Ja, es sei möglich von hier, also aus nördlicher Richtung auf den Torrent zu gelangen. Dankbar für meinen fachlich perfekten Rat – weit und breit ist auch niemand, den sie fragen könnten und Handys haben hier keinen Zugang zum Internet – ziehen sie in die Richtung von dannen, aus der sie gekommen sind.
Der Wind frischt auf, ich gehe weiter und sehe hinter der nächsten Erhöhung plötzlich eine kleine Hängebrücke, auf dem gegenüberliegenden Hügel etwa 80 Leute auf Bänken oder am Boden sitzend und andächtig einem weissgekleideten Mann, der vor einem kleinen Altar steht, zuhörend. Ein Bube reicht mir einen Zettel mit Kirchenliedern, damit ich dem Programm folgen kann. Ich setze mich auf die Wiese, nehme erst mal einen Schluck aus meiner Wasserflasche und eine Handvoll gerösteter salziger Sonnenblumenkerne aus der Ukraine, die mir unsere Nachbarinnen aus Mariupol geschenkt hatten. Erfrischt tauche ich ein in die gemeinsame Andacht und in die Magie des Ortes. Die Worte des Predigers – es ist der Organist Peter Heckel, der sonst an den Messen in und um Leukerbad die Orgel spielt – wechseln sich ab mit den Klängen einer Mundharmonika, bis schliesslich das «Vater unser» und der Segen den Gottesdienst beenden. Auch wenn der Wind Worte und Klänge durchweht, bewirkt dieses Erlebnis in mir einen unvergesslichen Eindruck. Ich spüre, wie alle Anwesenden betend, singend und lauschend zu einer Einheit mit Gott und der Natur verschmelzen. Wir werden zum Felsen, ziehen mit den Wolken vorbei, wiegen uns mit den Gräsern, … Auch wenn Gott allgegenwärtig ist, in den Bergen scheint er noch näher zu sein.
In der kleinen Kapelle «Maria Sieben Schmerzen» unter dem Felsvorsprung etwas unterhalb des für heute im Freien aufgestellten Altars hätten höchstens 20 Besuchende Platz gefunden. Eine Legende erzählt, dass Maria selbst diesen aussergewöhnlichen Ort gewählt habe. Im Prospekt «Kapellenweg» der Tourismusorganisation Leukerbad steht: «Die Legende will wissen, dass die Statue der schmerzhaften Muttergottes in einer Grotte etwas oberhalb der Flüealp gefunden wurde. Die Leute wollten ihr im Stafel der Flüealp einen Bildstock errichten. Nachdem sie zur Alp transportiert worden war, befand sie sich am nächsten Morgen wieder am ursprünglichen Fundort. Daraufhin wurde entschieden, Maria den Platz zuzuweisen, den sie sich selbst auserwählt hatte. In der ersten Hälfte des 19. Jh. wurde die Grotte zu einer Kapelle ausgebaut. Das Gnadenbild ist eine Pietà.» Als ich nach dem Gottesdienst die Kapelle besuche, bin ich überrascht über die lebensgrosse Darstellung der Muttergottes, die ihren verstorbenen Sohn in den Armen hält. Der Kerzenständer davor ist bereits vollends mit etwa 80 kleinen Kerzen in roten Plastikbechern gefüllt, sodass ich keine hinzufügen kann. Die drei kleinen Glasfenster zeigen Maria mit dem Jesuskind, einen Kelch und eine Hostie. Die weissen schmucklosen Wände erhellen den Innenraum. Ein schmaler Holzaltar steht vor der Pietà, ein paar wenige schlichte Holzbänke bieten müden Pilgernden einen Platz an. Ich bete für alle Mütter, die ihren Sohn in einem Krieg verloren haben und bitte Maria um Trost und Kraft für die Hinterbliebenen.
Gemeinsam mit den anderen mache ich mich zurück auf den Weg über die kleine Hängebrücke, blicke noch einmal nach hinten und fotografiere den schmalen Weg, der unterhalb der Kapelle an zwei Höhlen vorbei zur Dala führt. Ein mir unbekannter Herr macht mich in Zürcher Dialekt darauf aufmerksam, dass in der untersten Höhle eine Quelle mit heiligem Wasser entspringt, das die Heilung der Augen unterstützen soll. Ich bin sehr dankbar für diesen Hinweis. Woher wusste der Unbekannte von meiner Leidenschaft, Marienquellen ausfindig zu machen? Er fügt hinzu, man bräuchte eine gewisse Standfestigkeit, um das Wasser an dem steilen Abhang schöpfen zu können. Meine Standfestigkeit wird heute jedoch genügend auf die Probe gestellt, sodass ich mich damit begnüge, die Quelle von einer sicheren Entfernung aus zu fotografieren. Als ich später Georg davon erzähle, meint er, das Wasser der Heilquelle sollte doch sicher und ohne Unfallgefahr für alle zugänglich gemacht werden. Dafür könnte zum Beispiel die Thermalquellenzunft, bei der ich Mitglied bin, sorgen. Georgs Idee werde ich weitergeben.
Bald lädt der Duft von Raclette-Käse und Bratwurst uns ein auf den Holzbänken unter den hellblauen Sonnenschirmen Platz zu nehmen. Ich genehmige mir ein Bier, eine Portion Raclette und «Hörnli-Salat» (Teigwaren mit Tomatenstückchen und sauren Gürkchen an einer Salatsauce). Jemand bittet, die Musik aus den grossen Boxen leiser zu stellen. Feststimmung kommt auf, auch wenn die Gäste lange Schlange stehen müssen, um eine Bratwurst oder ein Raclette zu ergattern. Auch Wandernde, die nicht am Gottesdienst teilgenommen hatten, gesellen sich dazu. Die meisten stammen aus der näheren Umgebung und kennen sich. Der Organist Peter Heckel, mit dem ich im Oktober 2022 gemeinsam eine Messe in der Pfarreikirche Leukerbad musikalisch gestalten durfte, erzählt mir, dass er jedes Jahr diesen Gottesdienst leitet. Er macht dies mit grosser Freude, und ich bin dankbar, dass ich ihn heute dabei erleben durfte.
Ab 13 Uhr ist der Käseverkauf geöffnet. Petra erscheint. Sie staunt darüber, dass ich den Weg geschafft habe. Ich frage sie, ob sie dieselben Käsesorten auch in der «alten Molkerei» in Leukerbad verkaufe. Sie bejaht dies und versteht, dass ich jetzt nicht noch Käse in meinem Rucksack ins Tal transportieren möchte, zumal der Wind sich gelegt hat und die Sonne wieder ihr Bestes gibt. Auch wenn auf dem Programm steht, dass die Kühe um 16.30 Uhr beim Stall eintreffen werden, um gemolken zu werden, mache ich mich bereits um 13.10 Uhr auf den Rückweg. Ich möchte das Erlebte in Ruhe nachwirken lassen, die Stille der Berge geniessen und noch einen Tee bei der Majingalp. Dort wird es am 6. August auch ein Alpfest geben. Allerdings ohne Gottesdienst. Auf demselben Weg kehre ich zurück ins Tal. Es gäbe zwar eine Abkürzung durch den Majinggraben bis zum Majingsee, doch dieser Weg ist mir für heute zu steil und zu anstrengend. Vielleicht am 6. August?
Gegen 15.30 Uhr komme ich wieder wohlbehalten zuhause an, natürlich auch zu Georgs Freude. Er hatte schnell verstanden, dass der Mobilfunk hinter all den Bergen und Hügeln bald einmal unterbrochen war und sich keine Sorgen gemacht. Auf seine Frage, was mir dieser Ausflug gebracht habe, antworte ich: Eine Horizonterweiterung. Jetzt weiss ich, wie es im hinteren Dala-Tal oberhalb der Baumgrenze aussieht, wie eindrucksvoll es ist, wenn 80 Menschen gemeinsam unter freiem Himmel im «hintersten Winkel der Welt» das «Vater unser» beten. Wie eine Kapelle auch ohne Kirchturm wirken kann. Wie die Trauer der Muttergottes trösten kann und dass diese Erfahrung durch einen unbekannten Künstler genau am richtigen Ort möglich gemacht wurde. An einem Ort, an dem heiliges Wasser für die Augen entspringt.
2 Fotos der Flüekapelle und Text: Petra Dobrovolny