Begegnungen 2. Hälfte April

Während ich am Ostermontag wieder zur Mittagszeit meine Klänge und Gesänge verbreite, besuchen viele Familien die Kirche, um eine Kerze für ihre Liebsten anzuzünden: «Pour grandmaman, pour grandpapa.» Drei Besucherinnen wollen mehr über meine Klangschalen wissen, eine Dame aus Lausanne fragt mich, ob dies eine katholische Kirche sei, andere fragen nach der Herkunft der Marienstatue und staunen, dass diese aus dem portugiesischen Fatima stammt. Manche möchten gar nichts von mir wissen und lieber im Stillen zu meinen Klängen beten.

Dies tun auch wieder die Teilnehmenden an meiner Klangmeditation am Freitag, den 14. April. Georg bewacht wieder die Kirchentür und sorgt dafür, dass ich mich ganz auf meine Klänge konzentrieren kann. Eine Dame aus dem Kanton Fribourg hatte mir einmal beim Proben zur Mittagszeit zugehört, war davon fasziniert und kam jetzt zum ausgeschriebenen Anlass. Am Tag danach trafen wir sie zufälligerweise in einem Restaurant wieder. Sie kam auf mich zu und bedankte sich nochmal für die wunderbaren Klänge. Während ich Ave-Maria und Salve-Regina gesungen hätte, sei sie zu Tränen gerührt gewesen.
Ein paar Tage später betritt ein Ehepaar die Kirche zur Mittagszeit und staunt über meine Klänge. Sie seien «mystisch» und führten nach innen. Es stellt sich heraus, dass sie beide Kirchenmusiker sind und aus Luzern kommen. Es erstaunt sie, wie stark meine Klänge auf- und abschwingen – oszillieren – und im gesamten Kirchenraum herumwandern. Die Organistin meint, dass ich dies unbedingt in der hiesigen Reha-Klinik kranken und gehbehinderten Menschen anbieten sollte. Wer weiss? Vielleicht wird mir der Zugang noch eröffnet. Wir leben in einer Zeit, in der Zyklen enden und sich neue Portale öffnen. Vor allem an der Sonnenfinsternis vom 20. April und der Mondfinsternis vom 5. Mai. Die Wirkung dieser himmlischen Konstellationen wird in die kommenden 6 Monate hineinwirken.

Heute, am 22. April, betritt eine etwa 20-köpfige Gruppe sogenannter geistig behinderter Tourist:innen die Kirche für eine Besichtigung. Sie winken und lachen mir herzlich zu, während ich ihnen ein kurzes Klangbad als Willkommensgruss schenke. Etwas irritiert nimmt die mir nicht bekannte Fremdenführerin von «Leukerbad Tourismus» Kenntnis von meiner Präsenz in der Seitenkapelle. Sie will offenbar ihr Programm durchziehen und beginnt ohne mich über die Länge ihres Vortrags zu informieren, etwas über die Geschichte der Kirche und Bischof Schiner, dem ersten Besitzer der Thermalquellen, zu erzählen. Nach gut 5 Minuten meint sie mit einem Kopfnicken in meine Richtung, dass ich jetzt weitermachen könne und verlässt schnellen Schrittes die Kirche. Die Gruppe folgt ihr nur zögerlich, denn viele möchten noch so lange wie möglich meine wiedereinsetzenden Klänge geniessen. Mit einem herzlichen Winken zum Abschied werde ich belohnt. 

Foto: Seitenkapelle mit Darstellung des Weges zum Grab Jesu

und Text: Petra Dobrovolny    

Begegnungen zur Osterzeit 2

Ostersonntag, der 9. April: Alle feiern!

Die Kirche ist wunderschön geschmückt, die Ostermesse gut besucht. Der Chor gibt sein Bestes. Es herrscht eine freudige und feierliche Stimmung. Der Pfarrer spricht nicht davon, dass wir alle Sünder oder Sünderinnen sind, noch davon, dass Christus für uns am Kreuz gestorben ist, sondern er erzählt die Geschichte von Maria von Magdala, als sie Christus vergeblich im Grab suchte und ihn schliesslich als den Auferstandenen antraf. Ostern als Feier des Geistes über den Körper, über die Materie.
Meine Gedanken dazu: Christus hat mal gesagt: «Nimm dein Kreuz auf dich und folge mir nach.» Er hat nicht gesagt: «Ich nehme das Kreuz für dich auf mich.» Das wäre unlogisch und auch zu bequem für uns. Und dies noch für alle unsere zukünftigen Sünden! Meiner Meinung nach hat Christus als unser Lehrer seinen Körper durch die Kreuzigung transformiert, um uns zu zeigen, wozu wir als Menschen fähig wären. So wären wir auch in der Lage, auf geistigem Wege Krieg in Frieden zu verwandeln. Wenn ich singe «dona nobis pacem» meine ich damit nicht, dass eine äussere göttliche Kraft uns Frieden geben möge, sondern ich bitte darum, dass wir uns unserer eigenen geistigen Kraft bewusst werden, um diese für den Frieden in unserem Alltag einzusetzen. Gott hat seinen Sohn uns als Vorbild und Lehrer geschenkt, nicht als Opferlamm. Das Lamm liegt auf dem Buch mit sieben Siegeln. Unser Bewusstsein ist siebenfach versiegelt. Wir leben in einer Zeit, in der wir dazu aufgerufen sind, zu erwachen, d.h. unser Bewusstsein zu entsiegeln.

Während ich am Ostermontag wieder zur Mittagszeit meine Klänge und Gesänge verbreite, besuchen viele Familien die Kirche, um eine Kerze für ihre Liebsten anzuzünden. Drei Besucherinnen wollen mehr über meine Klangschalen wissen, eine Dame aus Lausanne fragt mich, ob dies eine katholische Kirche sei, andere fragen nach der Herkunft der Marienstatue und staunen, dass diese aus dem portugiesischen Fatima stammt. Manche möchten gar nichts von mir wissen und lieber inbrünstig zu meinen Klängen beten.  

Foto: Pfarrkirche Leukerbad, Altar

und Text: Petra Dobrovolny             

Begegnungen zur Osterzeit

5. April, Mittwoch vor Gründonnerstag: Zur Mittagszeit habe ich wie gewohnt mit meinen Klängen meditiert und bin gerade dabei, die Klangschalen wieder einzupacken, als eine ältere Dame die Kirche betritt und mit ihrem Smartphone in der Hand auf mich zukommt. Ob ich schon fertig sei, möchte sie wissen. Als ich ihre Frage bejahe, sagt sie enttäuscht: «O wie schade, da habe ich Sie verpasst! Ich wollte eine Aufnahme machen und sie meiner Freundin, die morgen operiert wird, senden. Gestern hatte ich schon versucht die junge Organistin bei ihrem Üben aufzunehmen, doch das hat nicht funktioniert.» Ich erkläre ihr: «Die Aufnahmen müssen professionell gemacht werden. Vor zwei Tagen habe ich meine Version von ‘Dona nobis pacem’ auf meinen Youtube-Kanal geladen. Wenn Sie mir Ihre E-Mail-Adresse geben, kann ich Ihnen den Link schicken, den Sie Ihrer Freundin weiterleiten können.» Die Dame freut sich sehr über dieses Angebot und schreibt mir ihre Adresse auf. Sie erzählt mir, dass sie mit ihrem Mann im Kanton Thurgau wohne und seit 1993 jedes Jahr nach Leukerbad in die Ferien käme. Von meinen Klängen sei sie sehr fasziniert. «Die sind so durchdringend und gehen in jede Körperzelle. Das tut so gut!» Daraufhin spiele ich für diese wohl 85-jährige Thurgauerin noch eine Zugabe. Sie bedankt sich herzlich bei mir. Es sei wunderbar gewesen. Leider würde sie morgen wieder nach Hause fahren. Doch nächstes Jahr käme sie wieder.

In der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag gibt es die Tradition der sogenannten «Anbetung». Jesus soll zu seinen Jüngern am Abend vor seiner Festnahme im Garten Gethsemane gesagt haben: «Bleibet hier und wachet mit mir.“ (Matthäus 26, 36ff) Deswegen ist die Kirche die ganze Nacht über geöffnet, man die Stunde der eigenen Präsenz auswählen und sich in eine Liste eintragen. Ich füge meinen Namen zwei anderen hinzu für die Zeit von 23 bis 24 Uhr. Sicherheitshalber frage ich den Organisten, der auch für organisatorische Belange zuständig ist, ob es erlaubt sei, wenn ich in der Zeit meine Klangschalen spiele. Er meint, nur die Orgel müsse bis Ostersonntag schweigen, doch andere Instrumente seien erlaubt. Ich müsste mich nur darauf einstellen, dass es Frauen gäbe, die laut den Rosenkranz beteten, und dies nicht nur einmal, sondern mindestens eine Stunde lang. Das würde ihn persönlich stören, denn er würde das stille Gebet bevorzugen. Also beschliesse ich, anstatt für mich allein zu Hause zu meditieren, mich auf diese mir bisher unbekannte Tradition einzulassen und offen zu sein für eine Möglichkeit, mich einzubringen. Und tatsächlich: Fast gleichzeitig mit mir finden sich zwei Leukerbadnerinnen ein und beginnen in der Seitenkapelle, wo mit Papiermaché das Grab Jesu nachgebildet wurde, abwechslungsweise sehr gekonnt den Rosenkranz zu beten. Als Protestantin wurde ich nicht in diese hohe Kunst eingeweiht, kenne den Text nur teilweise und könnte auch nicht mit der hohen Geschwindigkeit mithalten. In aller Ruhe stelle ich meine drei Kristall-Klangschalen wie gewohnt auf den kleinen Altar dieser Barbarakapelle und beginne mit meinem Schlägel jeweils den oberen Rand zu streichen, so dass sich nacheinander allmählich drei verschiedene langanhaltende vibrierende Töne entfalten. Mit diesem «Klangteppich» begleite ich die Litanei der beiden Frauen. Eine Stunde lang durchwabert ein faszinierendes Gewebe von Kristallklängen und zwei weiblichen Stimmen den nach Weihrauch duftenden sakralen Raum.

Foto: Barbarakapelle in der Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen mit der Darstellung vom Grab Christi und meinen Klangschalen

und Text: Petra Dobrovolny            
     

Begegnungen im März 4

Am 23. März probe ich ausnahmsweise am späteren Nachmittag in der Kirche. Ich hoffe, dass ich meine Klänge ungestört aufnehmen kann und beginne mit «Dona nobis pacem». Nach etwa einer Minute höre ich die Türe des vorderen Seiteneingangs. Ein älterer Herr betritt mit seinem Fox Terrier die Kirche, geht den Mittelgang bis zur Höhe der Seitenkapelle, wo ich musiziere, und setzt sich in meiner Sichtweite auf einen Stuhl, um mir zuzuhören. Das Aufnahmegerät lasse ich laufen und hoffe, dass der Hund nicht bellt oder zu den Klängen beginnt zu heulen. Doch er und sein Herrchen hören ruhig und andächtig zu, sodass die Aussicht auf eine gelungene Tonaufnahme doch noch besteht. Schliesslich schaffe ich es nach 3 Minuten bis zum «Amen». Daraufhin kommt der Herr mit Hund zu mir: «Darf ich Sie fragen, was Sie da spielen und wozu das sein soll?» Ich sage, dass ich für meine Klangmeditation probe, die jeden 2. Freitag offiziell stattfände. Mit Blick auf seinen Hund meine ich: «Eigentlich gehören Hunde nicht in eine Kirche.» Doch er entgegnet mir: «Mein Hund bedeutet mir sehr viel. Er ist genauso ein göttliches Geschöpf wie Sie und ich.» Es stellt sich heraus, dass er in der Nähe von Trier wohnt und öfters in Leukerbad Ferien verbringt. Er hätte mir gerne zugehört, sei gläubig, aber nicht katholisch. Er sei Protestant, habe Vorbehalte gegen die katholische Kirche und sei als Kind in der Schule von einem katholischen Lehrer jahrelang gemobbt worden. Er erzählt mir ein Beispiel davon so, als wäre dies gestern und nicht vor mehr als 60 Jahren passiert, hebt den rechten Zeigefinger und sagt: «Doch das ist nur ein Beispiel, es gab noch viel mehr davon.» Ich gebe dem Hundebesitzer den Flyer zu meiner nächsten Klangmeditation am 14. April mit den Worten: «Falls Sie mit Ihrer Frau kommen möchten …» Dann seien sie schon nicht mehr in Leukerbad, aber vielleicht ergäbe sich ein anderes Mal. Kaum haben Herr und Hund die Kirchentüre hinter sich geschlossen, schalte ich mein Aufnahmegerät wieder ein und singe zum dritten Mal «Dona nobis pacem».

Ende Januar habe ich mit Tonaufnahmen meiner Klänge in der Kirche begonnen. Ich weiss, dass es jederzeit zu Störungen kommen kann: Die Besuchenden schliessen die Kirchentüre entweder gar nicht oder mit einem solchen Knall, den mein Tontechniker später nicht aus der Tonspur löschen kann. Inzwischen habe ich gelernt, jeden Besucher und jede Besucherin willkommen zu heissen. Egal, wieviel Lärm wir machen, wir sind alle Geschöpfe Gottes, und irgendwann wird auch die Kirchentüre renoviert. Deshalb singe ich in solchen Momenten: «Benedictus, benedicta, qui venit in nomine Domini.» Wer will nach der «Corona-Zeit» beim Betreten oder Verlassen einer Kirche jeweils zweimal eine öffentliche Türklinke anfassen? Erstaunlicherweise – ich meine dies in Bezug auf die vergangenen Erfahrungen mit Corona samt der Angstmacherei wegen möglicher Übertragungen – tauchen gemäss meinen Beobachtungen viele Katholik*innen wieder oder immer noch meistens beim Betreten, manchmal auch beim Verlassen der Kirche – sehr oft ihre Fingerkuppen in eine der bereitstehenden Schüsseln mit Weihwasser. Die danebenstehende Flasche mit einem – wahrscheinlich nicht gesegnetem – Desinfektionsmittel bleibt unbeachtet. Und wenn ich wieder ungestört sein möchte, singe ich «Andate in pacem», und die Menschen verlassen andächtig diesen heiligen Ort und schliessen die Türe etwas sanfter. Wenn zwischendurch die Schweizer Luftwaffe nicht über Leukerbad übt, wenn keine Hunde bellen, Kinder schreien oder sich der Baulärm der Umgebung in Grenzen hält, gibt es durchaus stille und besinnliche Momente. Dann schaut mir die heilige Maria aus Fatima zu und lächelt sanft und nachgiebig, wenn ich mal den Ton beim «Salve Regina» nicht ganz treffe. Sie meint, ich dürfe nicht zu selbstkritisch sein, denn meine Hingabe beim Singen und Klingen sei das Wichtigste. In solchen Augenblicken finde ich mein Projekt, aus all diesen Aufnahmen eine CD bzw. ein Album zu kreieren, wieder durchführbar. Irgendjemand sagte mal: «Ein gutes Projekt erkennt man daran, dass es zu Beginn unmöglich erscheint.»  

Foto: Meine Klangschalen in der Pfarrkirche Leukerbad

und Text: Petra Dobrovolny  
     

Begegnungen im März 3

Am 14. März stirbt Georgs Cousin Tonda Kundera. Er lebte in Mähren und wurde 84 Jahre alt. Ich hatte ihn und seine Familie auf meinen Reisen in den 70er Jahren in die damalige Tschechoslowakei kennengelernt. Bei der heiligen Maria von Fatima hier in der Pfarrkirche von Leukerbad zünde ich für ihn eine Kerze an. In dem Moment spüre ich seine Seele. Der Verstorbene erkennt mich und sagt auf Tschechisch: «Ach du bist es!» , und nennt mich bei meinem Namen, wie Georgs Familie ihn für mich verwendet. Es scheint ihm peinlich zu sein, dass ich ihn so verzweifelt antreffe. «Ich weiss nicht wohin nevim kudykam –, am liebsten wieder zurück, aber ich weiss nicht wie.» Ich erkenne seine schwierige Situation: Seine Seele hat den Körper soeben verlassen und kann sich in dieser «Zwischenwelt» nicht orientieren. So antworte ich ihm: «Deine Familie damit meine ich die Familienmitglieder, die bereits gestorben sind – wartet auf dich auf der anderen Seite der Brücke.» Mit meiner Hand zeige ich in die Richtung hinter ihm, aus der in der Ferne ein Licht scheint. In dem Moment leuchtet seine Seele auf. Sie erinnert sich daran, dass es so ist. Ich muss weder etwas erklären noch beweisen. Nun geht alles sehr schnell:  Tonda dreht sich um und geht von zwei Engeln begleitet in die von mir gezeigte Richtung. Vor der Brücke blickt er nochmal zu mir zurück und sagt: «Grüsse alle von mir und sage ihnen, ich gehe jetzt schon mal voraus! Am Abend werden wir uns wiedersehen, ich werde dort auf euch warten!» Ich kann noch sehen, wie die Engel ihn über die Brücke begleiten und er auf der anderen Seite, die ganz in Licht getaucht ist, von seiner wartenden Familie, allen voran von seiner Mutter, liebevoll begrüsst wird. Die freudige festliche Stimmung schwappt über bis zu mir. Davon inspiriert spiele ich meine Kristallklangschalen auf dem Altar neben der Madonna mit den vielen kleinen Kerzen in den roten Plastikbechern und singe feierlich beschwingt «Dona nobis pacem» und «Dona eis requiem». Und wenn Georg wieder nach Leukerbad kommt, werden wir mit einem Gläschen hausgemachten mährischem Slivovic auf Tonda und die ganze Familie anstossen.     

Foto: Leukerbader Kirche in der Seitenkapelle der Heiligen Barbara mit meinen Kristallklangschalen
und Text: Petra Dobrovolny

Begegnungen im März 2

Leukerbadner Rosinen – Klangmeditation am 10.03.2023

Am Nachmittag beginnt es heftig zu schneien. Viele Tourist*innen sind inzwischen abgereist, die Einheimischen werde wohl bei dem ungemütlichen Wetter kaum das Haus verlassen. Doch ich habe mich getäuscht: Ab 16:45 Uhr findet sich ein zahlreiches Publikum ein: Etwa die Hälfte davon stammt aus Leukerbad, die andere Hälfte kommt meiner Einschätzung nach aus der Romandie und Italien. Mein Georg weist die Plätze zu und passt auf, dass niemand die renovationsbedürftige Kirchentüre laut zuschlägt. Dieses Mal scheut sich niemand, sich in die erste Reihe zu setzen. Die Sakristanin hat links und rechts vom Altar der Seitenkapelle je eine grosse lange Kerze hingestellt und angezündet. Die gedämpfte Deckenbeleuchtung trägt zur besinnlichen Stimmung bei. Etwa fünf Minuten vor 17 Uhr bringe ich leise die drei Kristall-Klangschalen in Schwingung, denn alle sitzen schon bereit da  und schauen mich erwartungsvoll an. Den Glockenschlag zur vollen Stunde begleite ich dann kräftig und schwungvoll. Meine Klangschalen klingen fast ähnlich wie die Kirchenglocken und harmonieren sehr gut mit ihnen. Das liturgische «In nomine patris» eröffnet die Meditation, es folgt ein Stück mit meiner Kristall-Lyra, dann das «Benedictus» und «Dona nobis pacem». Etwa Dreiviertel der Anwesenden hat die Hände zum Gebet gefaltet und die Augen geschlossen. Ich spüre, wie sie den Klängen und meinem Gesang lauschen, sich darauf einlassen, innerlich ruhig werden und mir im Gebet folgen. Manche, die den Text kennen, bewegen schweigend ihre Lippen. Die Klänge wandern durch den heiligen Raum der Kirche und hüllen die Betenden in eine Energiekugel ein, in welcher wir uns mit dem gemeinsamen Wunsch nach Frieden begegnen. Diese «Friedensenergie-Kugel» verdichtet sich spürbar immer mehr während dieser Dreiviertelstunde und wir werden darin zu einer Gemeinschaft, samt den verstorbenen Seelen, die zu Besuch kommen und den Menschen, die sich aus der Ferne her – um mein Programm wissend –  eingestimmt haben. Ich schliesse mit einem «Andate in pacem». Jeder und jede kann nun etwas von dieser «Friedensenergie-Kugel» mit nach Hause nehmen. Die Glocken schlagen viertel vor 18 Uhr, ich warte betend auf das Ausklingen. Niemand kommt auf die Idee Beifall zu klatschen. Die Stille nach den Klängen ist so kostbar, und alle bleiben noch sitzen. Ich danke allen für ihr Kommen und das gemeinsame Beten für den Frieden in der Welt und auch für den inneren Frieden. Wer möchte, könne etwas für die Kollekte geben, die traumatisierten Menschen in verschiedenen Ländern zugutekäme. Drei Damen aus Genf möchten meine Instrumente noch näher anschauen und sagen, dass sie die Klänge sehr genossen hätten. Andere kommen zur Statue der heiligen Maria von Fatima und spenden eine Kerze. Die Sakristanin hat inzwischen die zwei grossen weissen Kerzen beim Altar gelöscht und sagt mir, dass ich alles so stehen lassen könne. Es bleibt mir nur übrig meine Instrumente einzupacken und Georg in die nahegelegene Cafeteria zu folgen, um gemeinsam mit einem uns befreundeten Ehepaar, das zurzeit in Leukerbad Ferien verbringt, mit einem Glas Walliser Weisswein anzustossen. Die Klangmeditation habe ihnen sehr gefallen und zufälligerweise hat unsere Freundin heute Geburtstag. Dieser Anlass sei für sie ein besonderes Geschenk, für welches sie sehr dankbar sei. Unser Freund meint, die Klänge hätten ihn an seine zwei Reisen nach Katmandu erinnert. Meine grosse violette Klangschale ist tatsächlich auch aus kristallisiertem Himalaya-Salz und klingt wie das OM, das unserem AMEN ähnelt.     

Foto und Text: Petra Dobrovolny         

Leukerbadner Rosinen – Begegnungen im Februar

Etwa zwei Wochen nach meiner Klangmeditation vom 13. Januar spricht mich in der Kirche nach meinem Proben eine ältere Dame an. Sie fragt mich, ob wir immer noch für die Ukraine sammeln. Ich bestätige, dass wir für die kriegstraumatisierten Menschen dort eine Selbsthilfe in die Wege leiten. Daraufhin gibt sie mir ein Zehner-Nötli und hat Tränen in den Augen. Ihr Mitgefühl berührt mich. Sie wohne in Leukerbad, erzählt sie mir und empfiehlt ihrer ebenfalls anwesenden Freundin, das nächste Mal meine Klangmeditation zu besuchen.

Am 12. Februar treffen Georg und ich auf einem Spaziergang eine ältere Leukerbadnerin vor ihrem Kuhstall an. Wir kommen ins Gespräch. Sie meint: «Die Zeiten seien schwierig. Jetzt wolle der Selenskyj nach Panzern auch noch Kampfflugzeuge. Georg gibt zu bedenken, dass die Ukraine von der Kremlführung angegriffen werde und sich verteidigen müsse. Ja, das stimme, da habe er recht. Hier im Westen wolle niemand kämpfen, da sei es schon gut, wenn die Ukrainer das tun. Aber hier hätten es die Jungen schon schwer genug. In Leukerbad gäbe es nicht genug Lehrplätze. So gingen die Jungen ins Tal und kämen nach der Lehre nicht mehr zurück. Es gäbe hier 400 leere Wohnungen. Die Alten kämen nicht mehr oder seien gestorben, die Jungen wollen die renovierungsbedürftigen Wohnungen nicht übernehmen. Da müsste sich die Gemeinde etwas einfallen lassen. Zwei kleine Nachbargemeinden, Inden und Albinen, hätten jungen Familien Vergünstigungen bei den Steuern und Krankenkassenprämien sowie beim öffentlichen Verkehr geboten. Mit Erfolg: Innerhalb eines Jahres zogen nach Inden so viele Familien, dass es jetzt keine freien Wohnungen mehr gibt. – Jetzt müsse sie den Stall ausmisten, meint die Leukerbadnerin. Wir erfahren noch, dass sie Bernadette heisst. Bevor wir weitergehen, stellt sie uns noch zwei ihrer weiss-braunen Kühe vor: Bernarda und Berna. Beide heben ihre schönen gehörnten Köpfe und schnuppern neugierig in unsere Richtung.

Am 10. Februar ist es wieder Zeit für eine weitere Klangmeditation. Dieses Mal stellt die Sakristanin sogar vier grosse Kerzen auf die Treppe zur Seitenkapelle, auf deren Altar ich meine Klangschalen – natürlich mit Erlaubnis des Pfarrers aufgestellt habe. Zum ersten Mal befinden sich zwei Kinder und eine Jugendliche unter dem Publikum. Die meisten stimmen sich im stillen Gebet in meine Klänge ein und folgen meinen gesungenen Worten der lateinischen Liturgie. Es entsteht ein starkes friedliches Energiefeld. Es gibt auch dieses Mal keine Störungen von aussen. Georg sitzt neben der Türe und sorgt dafür, dass später Dazukommende diese leise schliessen. Die heilige Maria von Fatima lächelt sanft, verstorbene Ahnen schweben in Lichtkugeln herbei, über uns spüre ich die Anwesenheit vieler Engel. Bevor nach 45 Minuten die Glocken dreimal viertel vor 18 Uhr schlagen, schliesse ich mit dem «Andate in pacem» ab. Beim Publikum bedanke ich mich für’s Kommen und Dasein, Zeichen der Dankbarkeit sind die Antwort. Einige haben Tränen in den Augen. Die friedliche Stille ist mit einer so wohltuenden Andacht gefüllt, dass niemand sie mit einem Beifallklatschen stören mag. Ich freue mich, dass meine Klänge und Gesänge so willkommen sind und die Herzen berühren. Zum vierten Mal. Jedes Mal scheint sich die entstehende Energiewolke der Andacht, des Friedens und der Dankbarkeit noch mehr zu verdichten.   

Foto: Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen, Leukerbad

und Text: Petra Dobrovolny       
     

Begegnungen im Januar 2023 (2)

Anfang Januar betrat zur Mittagszeit, als ich gerade übte, ein älterer Herr die Kirche, setzte sich und betete, bis ich mein Üben beendet hatte. Dann kam er zu mir und sagte, dass ihm die Klänge sehr gefallen hätten. Er hatte sogar den richtigen Grundton herausgefunden und bemerkte, dass ich ein hübsches Hugenottenkreuz an meiner Halskette trage. Ich wunderte mich und fragte: «Vous êtes un expert?» Ja, er sei ein pensionierter reformierter Pfarrer und wohne hier in der Gegend. Ich erzähle ihm, dass meine Grossmutter väterlicherseits von einer Hugenottenfamilie stammte, die aus Frankreich – Colmar – fliehen musste, und zwar in die Hansestadt Lübeck. Meine Grossmutter hatte sich als kleines Mädchen den Erwachsenen immer so vorgestellt: «Ich heisse Cayé und esse am liebsten Cailler-Schokolade.» Daraufhin erzählt mir der Herr Pfarrer, dass er ebenfalls aus dem Elsass stamme. Er möchte noch wissen, woher meine Kristall-Klangschalen kommen und ob ich nur meditative oder auch andere Musik spiele. Erfreut über das Gespräch meint er, dass er wohl mal an einem Freitag nach Leukerbad käme, wenn ich «offiziell» eine Klangmeditation gebe.

Am Freitag, den 13. Januar ist es wieder so weit: Bereits eine Viertelstunde vor Beginn meiner Klangmeditation finden sich etwa 17 Personen ein, meistens ältere Ehepaare. Die Sakristanin hatte die Stühle im hinteren Bereich der Kirche um 90° gedreht, sodass das Publikum mit Blick in Richtung Seitenkapelle, auch Barbara-Kapelle genannt, Platz nehmen kann. Die Beleuchtung ist gedämpft, bei der Marienstatue brennen etwa 20 kleine Kerzen in ihren kleinen roten Plastikbechern, eine davon stelle ich auf den Holzaltar, auf den ich meine Kristall-Lyra und drei Klangschalen gelegt habe. In die feierliche und andächtige Stille hinein schlagen die Turmglocken viermal, um die volle Stunde anzukündigen, danach gibt die tiefste Glocke kund, dass es fünf Uhr ist. Zufälligerweise tönen meine drei Klangschalen ähnlich wie die Kirchenglocken, sodass ich mit einem «Kanon für Kirchenglocken und Kristall-Klangschalen» beginnen kann. Singend schaffe ich den Rahmen für die Meditation: «In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti», begrüsse das Publikum mit «Benedictus, benedicta, qui venit in nomine Domini». Danach improvisiere ich auf meiner Kristall-Lyra, anschliessend kommt das «Gloria in excelsis Deo». Für mich verstärken die lateinischen Sätze die Kraft des Gebets. Besonders das «Sanctus, sanctus, sanctus» mit «pleni sunt caeli et terra gloria tua», «voll oder gefüllt sind Himmel und Erde mit deiner Glorie».  Was bedeutet Glorie? Ich stelle mir darunter einen göttlichen Überfluss vor, den man sich als Mensch kaum vorstellen kann. Wenn einen solchen im Himmel und auf der Erde gibt, wie können wir dann von Energiemangel sprechen? Die Schöpfung Gottes fliesst über, der Mensch sieht überall Mangel. Beim «Sanctus» bemerke ich, dass die Zuhörenden meinen Worten und Klängen folgen und im Gebet versinken, bei «Agnus Dei» und «dona nobis pacem» verdichtet sich diese Andacht noch mehr. Dies sind für mich sehr kostbare Momente. Meine innere Antenne stelle ich auf Empfang und sehe, wie die Seelen von in Leukerbad Verstorbenen in Form von durchsichtigen Lichtkugeln herbeischweben und wie Christus in einem smaragdgrünen Gewand durch die ehemalige Haupttüre der Kirche hereintritt, seine Arme ausbreitet und von hinten her mein Publikum liebevoll umarmt. Zum Abschluss singe ich «Pax Domini sit semper vobiscum», «der Friede des Herrn sei immer mit euch», und «Andate in pacem», «Gehet hin in Frieden» begleitet von meinen Klangschalen. In das «Amen» hinein tönt der Viertel-vor-sechs-Schlag zweier Glocken. Ich bedanke mich bei allen für ihr Kommen, wünsche inneren Frieden und reiche zwei Körbchen für die Kollekte herum. Drei Damen möchten sich noch persönlich bei mir bedanken. Sie erzählen mir, dass sie Hebammen aus Bern und dem Emmental seien. Sie hätten ein Wellness-Wochenende in Leukerbad gebucht, meine Klangmeditation sei ein wunderbarer Auftakt dazu gewesen. Eine erzählt mir, dass sie auf meiner Webseite dolphinkissis.ch Fotos von mit meiner Stimme besungenem Wasser, das nach der Methode von Masaru Emoto* fotografiert wurde. Vor einigen Jahren hätten sie ein Projekt gehabt, das Fruchtwasser von schwangeren Frauen, die keinen Ultraschall machen liessen, von Prof. Emoto untersuchen zu lassen. Leider sei dieser noch vor dem Projektbeginn gestorben. Ich sage: «Das ist ein wichtiges Thema. Ich hoffe, dass Sie daran weiterforschen können. Es gibt im Kanton Bern und im Tessin Fotografen, die mit dieser Methode arbeiten.»
Beglückt von den Erfahrungen und Begegnungen der letzten Stunde verlasse ich die Kirche und treffe zufälligerweise noch den Pfarrer. Ein «Spion» hätte ihm bereits erzählt, wie viele Leute gekommen seien.

* Vor mindestens 25 Jahren entdeckte der Japaner Masaru Emoto, dass Wasser Informationen aufnimmt und je nach Art dieser Information unterschiedliche Formen von Eiskristallen bildet. Er experimentierte mit der Beschallung von Wasser mit verschiedener Musik, mit Schimpfworten und liebevollen Worten, untersuchte auch Wasser von Heilquellen wie zum Beispiel Lourdes oder aus einem See vor und nach der Meditation einer Gruppe am Ufer. Eine Wasserprobe, die mit dem Wort «Liebe» oder «Danke» beschriftet worden ist, bildet wunderschöne sechsstrahlige Eiskristalle aus. Leitungswasser grosser Städte oder Proben, die beschimpft worden waren, wiesen eine zerfallene Struktur auf. Wenn wir bedenken, dass unser Körper mindestens zu 70% aus Wasser besteht und welche Informationen täglich auf uns einprasseln, ist es nicht verwunderlich, dass so viele Menschen krank sind. 

Foto: Seitenkapelle mit Maria von Fatima in der Leukerbader Pfarreikirche

und Text: Petra Dobrovolny