Für den 13. Juni ist um 13.30 Uhr der Notartermin für die kleine Wohnung, die ich kaufen möchte, festgesetzt. Ich habe mir alles in meinen Gedanken schon ausgemalt: Die meistens Möbel werde ich vom Brockenhaus abholen lassen. – Zum besseren Verständnis für die Lesenden: In Leukerbad ist es üblich, dass Mobiliar und Inventar beim Wohnungskauf vom Käufer übernommen werden. – Danach werde ich den alten Teppichboden durch Laminat ersetzen und die Wände streichen lassen. Die Küchenschränke müssen auch erneuert werden. Meine Musikinstrumente wie Klangschalen, Monochords, Gongs, Trommeln, auch die Traumharfe haben in meinem Plan bereits ihren Platz gefunden. Meine Lampe mit den kosmischen Farben werde ich auf den Tisch vor das Fenster stellen. Passende Vorhänge habe ich noch auf Vorrat. Die Wohnung möchte ich für meine Meditationen und Kreationen benutzen und auch mal jemanden zu einer Therapiesitzung empfangen.
Nach vielen Regentagen scheint heute endlich wieder die Sonne. Ich freue mich darauf, den Notar und die Eigentümer der Wohnung, ein älteres Ehepaar, kennenzulernen. Auf dem Weg zum Büro der Immobilienmaklerin Frau B. an der Dorfstrasse, wo das Treffen stattfinden soll, schaue ich noch in die Kirche und bitte darum, dass alles nach göttlichem Plan verlaufen soll. Baulärm empfängt mich. Die Dorfstrasse ist aufgerissen, neue Rohre werden gelegt. Leukerbad setzt endlich ein schon lang geplantes Fernwärmenetz in die Tat um. Anstatt mit Heizöl sollen die Häuser mit dem Abwasser der Thermalbäder beheizt werden. Es wird gebaggert und gebohrt. Die Baustellen geben die Sicht frei auf ein Labyrinth mit neuen und alten Leitungen. Anwohnende balancieren über provisorische Stege aus Holzbrettern zu ihren Hauseingängen.
Die Verkäufer der Wohnung sind bereits vor mir im Sekretariat des Immobilienbüros eingetroffen. Herr G. streckt mir seine schlaffe Hand zur Begrüssung entgegen. Er scheint verwirrt zu sein, stellt sich weder vor noch spricht er mich mit meinem Namen an, sondern teilt mir mit: „Meiner Frau ist gerade schlecht geworden, sie musste sich übergeben. Das Mittagessen im Restaurant war zu salzig.“ Auf dem Sofa sitzt eine stöhnende Frau, die sich einen grossen Schal über den Kopf gezogen hat, sodass ich ihr Gesicht nicht sehen kann. So ist es mir nicht möglich, sie zu begrüssen und kennenzulernen. Die Maklerin bittet den Notar, mich und meinen Partner Georg nach oben in den ersten Stock zu gehen und im Sitzungszimmer am Tisch Platz zu nehmen. Herr und Frau G. würden in Kürze nachkommen. Wir nutzen die Zeit, um den sympathischen jungen Notar kennenzulernen. Nach einer Viertelstunde teilt uns die Maklerin mit, dass sie mit Einverständnis von Frau G. sicherheitshalber den Rettungsdienst bestellt habe. Der Notar schlägt vor, dass er jetzt dem inzwischen ebenfalls anwesenden Herrn G. und mir den Kaufvertrag vorlesen werde. Nach unserer Unterschrift könnte die unpässlich gewordene Frau G., die immer noch im Parterre halb auf dem Sofa liegt, ihrem Mann die Vollmacht dafür geben, dass er den Kaufvertrag mit ihrem Einverständnis unterschrieben hat.
Der Baulärm auf der Dorfstrasse hält sich in Grenzen. Unter solchen Umständen habe ich noch nie einen Vertrag unterschrieben. Georg hat sich inzwischen verzogen, denn es brauche ihn nicht dazu. Wir hatten entschieden, dass die Wohnung auf meinen Namen in das Grundbuch eingetragen werden soll. Unterdessen trifft der Rettungsdienst mit einer fahrbaren Bahre ein, die er geschickt über die Stege der Baustelle balanciert. Der Notar begibt sich mit Herrn G. nach unten, um die Vollmacht auszudrucken, die Frau G. unterschreiben soll und auch möchte. Ich bleibe im Sitzungszimmer und warte ab. Nach weiteren 10 Minuten kommen der Notar und die Maklerin nach oben. Sie teilen mir mit, dass die Notfallärztin Frau G. als unzurechnungsfähig diagnostiziert hätte. Somit durfte sie die Vollmacht für ihren Ehepartner nicht unterschreiben.
Inzwischen wird Frau G. bereits auf der Bahre über die Gräben der Baustelle hinweg abtransportiert. Ihr verwirrter Mann begleitet sie ins Spital nach Visp. Er hatte sich nicht mehr von mir verabschiedet. Der Notar erklärt mir, dass der Kaufvertrag nicht zustande gekommen sei. Er müsste neu aufgesetzt werden, die Verkäufer Herr und Frau G. müssten nun beide der Immobilienmaklerin die Vollmacht zur Unterschrift geben. Ein nächster Termin sei nötig, denn ich müsste alles nochmal unterschreiben. Um mich zu trösten, fügt der Notar hinzu: „Das kann alles innerhalb einer Woche erledigt werden.“ Und er meint kopfschüttelnd, er habe noch nie erlebt, dass während eines Notartermins mit ihm die Ambulanz kommen musste. Auch ich habe so etwas noch nie erlebt. Allerdings erinnere ich mich an einen Vorfall aus dem Jahr 1991: Mein Bruder und ich hatten in Deutschland die Wohnung unserer verstorbenen Eltern verkaufen wollen und warteten mit der Maklerin beim Notar auf die Käufer. Diese erschienen jedoch nicht. Weder hatten sie den Termin vorher abgesagt noch sich nachträglich entschuldigt. Bei Notarterminen treffen die Lebenswege verschiedener Menschen, die sich vorher nicht gekannt hatten, aufeinander. Ich bin der Meinung, dass ein Liegenschaftskauf positiv verlaufen muss. Die Umstände rund um einem solchen Vertragsabschluss bestimmen das spätere Wohngefühl.
Der heutige Vorfall geschah völlig überraschend. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Eine höhere Macht hat eingegriffen. Frau G. hatte die Absicht zu unterschreiben, die Notfallärztin hat es verhindert. Darüber könnte ich mich aufregen oder mich über Frau G. oder die Ärztin ärgern und ihnen Vorwürfe machen. Doch stattdessen bin ich erleichtert und lasse los. Unter solchen Umständen wäre ich mit der Wohnung nicht glücklich geworden. Mein Georg tröstet mich: Es wird bestimmt bald eine neue und bessere Gelegenheit geben. Noch am Abend schreibe ich an den Notar, die Maklerin und die Verkäufer: „Unter diesen Umständen verzichte ich auf den Kauf der Wohnung.“
Text und Foto: Petra Dobrovolny
Filmen in einer Kirche?
Heute ist Fronleichnam und in den katholischen Kantonen der Schweiz ein Feiertag mit Messen und Prozessionen. Auch in Leukerbad. Stolze Fahnenträger, die Musikgesellschaft Gemmi mit Paukenschlägen und beschwingter Blasmusik, Blumenkinder, Kommunionskinder, der Kirchenchor, Mitbetende, … alle begleiten den Pfarrer, der das Allerheiligste, d.h. die Monstranz mit der Hostie, durch das Dorf trägt. Es werden gesegnete Brötchen verteilt, nach dem Schiessen der Schützen – zum Glück schiessen sie mit ihren Gewehren nur in die Luft – sind alle zu einem Glas Walliser Weisswein eingeladen. So wird das Leben gefeiert, in Gedenken daran, dass Christus den Tod überwunden hat. Die Freude darüber soll heute nicht nur in den vier Wänden der Kirche bleiben, sondern in Form einer Prozession in die Welt hinausgetragen werden. Eine feierliche Atmosphäre der Dankbarkeit verbreitet sich in den mit Fahnen und Blumen geschmückten Gassen.
In der Kirche brennen bei der heiligen Maria von Fatima wie immer gespendete Kerzen. Nur wenige Touristen sind unterwegs, denn das Wetter ist kühl und regnerisch. Kaum habe ich am frühen Nachmittag meine Klangmeditation, die heute nicht in einem offiziellen Rahmen stattfindet, begonnen, betreten ein Mann und zwei Frauen im Alter von etwa 80 Jahren die Kirche, lauschen und entdecken für sie unerwartet meine Klänge und lateinischen Gesänge. Ich bin gerade bei „dona nobis pacem“. Der Mann geht die Treppe zur Empore hinauf, um eine bessere Sicht auf mich und meine Klangschalen zu haben, zückt sein Smartphone und beginnt mich ungefragt zu filmen. Seine Bekannte ahmt es ihm in kurzer Zeit nach. Ich empfinde es als sehr unangenehm, sogar von zwei Kameras von oben her gefilmt zu werden. Dies ist mir hier in der Kirche noch nie passiert. So schnell wie möglich beende ich das „Gloria“ und lege eine Trinkpause ein, in der Hoffnung, dass die Filmerei gestoppt wird und die Besucher verschwinden. Doch alle drei bleiben auf der Empore, spielen sich gegenseitig auf dem Handy vor, was sie gerade aufgenommen haben, und unterhalten sich laut. Eine ungestörte Fortsetzung meiner Meditation ist mir gar nicht möglich. Kurzerhand gehe ich die Treppen hinauf und frage die Leute, woher sie kommen. Aus dem etwa 60 km entfernten Sion, lautet die Antwort, gefolgt von Komplimenten über meine Darbietung. Eine Dame scheint zu spüren, dass ich nicht sehr begeistert bin und fragt, ob es denn erlaubt gewesen sei, mich zu filmen. „Eigentlich nicht“, antworte ich, „zumindest hätten Sie mich vorher fragen können.“ Der Mann meint rechthaberisch, dass Musik geteilt werden müsse, das sei doch für private Zwecke sowieso erlaubt. Ich wende ein, dass wir uns hier in einer Kirche, also einem geweihten Ort befinden und Filmen nicht erlaubt sei. Es gäbe auf meinem Youtube-Kanal Ausschnitte meiner Klangmeditationen, falls es sie interessiere, könnten sie meine Visitenkarte mitnehmen und auch ein kleines Plakat mit den Daten meiner diesjährigen monatlichen Darbietungen. Die andere Frau begreift sofort. Und die Bekannte, die mich auch gefilmt hatte, meint, dass sie das Video löschen werde. Sie hätte es ihrem Sohn schicken wollen, um mit ihm ihre „Entdeckung des Tages“ zu teilen. Ich entgegne ihr, dass sie es nicht löschen müsste, es mir aber schicken könne. Ein paar Stunden später tut sie dies tatsächlich auch. Während meines Gesprächs mit den beiden Frauen wendet sich der Mann ärgerlich ab, geht die Treppe hinunter und geht fotografierend und filmend durch die ganze Kirche. Ich lade die Frauen ein, sich unten hinzusetzen und zu meinen weiteren Klängen im Stillen zu beten. Dies könnten sie für ein paar Minuten tun, meinen sie, denn sie würden den Anruf einer Freundin erwarten, die hier in der Reha-Klinik sei. Der Mann hat inzwischen ohne Abschiedsgruss an mich die Kirche bereits verlassen. Niemand von den dreien hat eine Kerze oder etwas für die Renovation der Kirche gespendet.
Kaum habe ich meine Meditation fortgesetzt, betreten Eltern mit zwei Kindern und deren Grossmutter die Kirche. Sie freuen sich, als sie meine Klänge hören, setzen sich leise in eine Bank und hören mir andächtig 10 Minuten lang zu. Danach zündet die Mutter fünf Kerzen bei der Marienstatue an, bedankt sich bei mir und alle verlassen leise die Kirche. So etwas ist also auch möglich.
Text und Foto mit meinen Kristallinstrumenten auf dem Altar der Seitenkapelle der Marienkirche Leukerbad: Petra Dobrovolny
Frühling: Wann endlich?
08. Mai, Neumond, ein Tag vor Christi Himmelfahrt
Endlich zeigt sich auch in Leukerbad wieder die Sonne. Die totale Finsternis vom 8. April hatte den Frühling ausgebremst. Im Rhonetal mussten die bereits blühenden Aprikosenbäume und Reben in den Frostnächten mit grossen Kerzen mit Gasflammen gewärmt werden. Die Bienen blieben in ihren Stöcken, um ihre Brut vor der Kälte zu beschützen. Durch unermüdliche Flügelschläge schaffen sie es bis auf 35°C. Die bereits aus dem Süden zurückgekehrten Schwalben und Mauersegler fragen sich, ob sie nicht einen zu frühen Flug gebucht hätten.
Die orthodoxen Ostern fanden dieses Jahr erst vor ein paar Tagen statt. Anfang Mai ist zwar ein spätes Datum dafür, aber zur Wetterlage passender als der gregorianische Kalender, demgemäss Ostersonntag bereits am 31. März stattgefunden hatte.
„Unsere“ ukrainische Familie, Veronika, eine 35-jährige Frau mit drei Kindern im Alter von 13, 10 und 2 Jahren, ist zu unserer Erleichterung wieder gut aus ihren „Ferien“ in der Ukraine nach Bern zurückgekehrt. Sie konnten den Vater, der als Armeeangehöriger nicht ausreisen darf, in Odessa treffen. Nur einmal hätten sie einen Flugalarm erlebt. Es sei aber noch nicht möglich in ihre Heimat zurückzukehren. Die Schulen seien immer noch geschlossen, der Unterricht erfolge über Internet, oft gäbe es Unterbrüche in der Stromversorgung. Die Grosseltern leben in Mariupol im Osten der Ukraine. Wegen der russischen Besatzung können sie weder reisen noch Familienbesuch empfangen. Die Grossmutter konnte die kurz nach der dem russischen Angriff im Frühjahr 2022 mit ihren zwei Töchtern und deren insgesamt 5 Kindern in die Schweiz fliehen. Alle durften wir kennenlernen und fanden es sehr mutig, als im Sommer 2023 die jüngere Tochter mit ihren zwei Kindern und die Grossmutter wieder in die Ukraine zurückkehrten. Wir hoffen sehr, dass dieser Irrsinn so schnell wie möglich ein Ende findet. Sobald in zwei Monaten die Schweizer Sommerschulferien beginnen, möchten Veronika und die Kinder wieder zum Vater reisen, trotz allen Umständen und obwohl die beschwerliche Reise mit Zug und Bus durch Österreich, Tschechien, die Slowakei und Moldawien 36 Stunden lang dauert.
Am 28. April entschied sich mein 3. Grossneffe dafür, eine Woche früher als erwartet das Licht der Welt in Wien zu erblicken. Er heisst Samuel, wie der Prophet, dessen Buch im Alten Testament die Geschichte von David und Goliath erzählt. Der kleine mit seinen 3,7 kg gewichtige Kerl begeistert bereits die ganze Familie. Der Frieden, den er ausstrahlt und bewirkt scheint nicht von dieser Welt zu sein. Ich habe ihm mein 56. Album mit Wiegenliedern gewidmet. Auf meinem Youtube-Kanal könnt ihr eine Kostprobe anhören:
Meine Begegnungen mit Bruder Klaus
Am Freitag, den 8. März bot ich wieder eine Klangmeditation in der Pfarrkirche von Leukerbad an. Fünf Minuten vor Beginn strömen noch zusätzlich zu den bereits 15 Wartenden weitere 10 Gäste eilig herein. Georg hält Ihnen die Türe auf, gibt ihnen Sitzkissen und weist Plätze an. Dieses Mal befindet sich etwa ein Drittel Männer unter dem Publikum, so viele wie noch nie. Alle in Begleitung ihrer Partnerinnen. Die Kirchenglocken schlagen fünf Mal, also 17 Uhr, und ich beginne wie immer mit „in nomine patris et filii et spiritus sancti“, um sodann alle willkommen zu heissen mit „benedictus, benedicta, qui venit in nomine domini“. Bald schliessen die meisten der mir Zuhörenden die Augen, lassen sich von den sanften Klängen und Obertönen einhüllen und durchdringen, manche beten still vor sich hin. Dieses Mal versucht zum Glück niemand, mich zu filmen. Ich sehe eine goldene Lichtsäule, die aus dem Inneren der Erde kommend, sich durch meine Füsse bis über meinen Kopf spiralig nach oben dreht bis über das Dach der Kirche hinaus in den Abendhimmel. Die starke Konzentration des Publikums hilft mir, diese Lichtsäule die ganze Zeit mit meinen Klängen zu nähren und die entstehende Energie des Friedens zunächst im Kirchenraum zu verdichten, um sie sodann in die Welt zu senden. Nach einer Dreiviertelstunde schliesse ich ab mit „pax domini sit semper vobiscum“ und „andate in pacem“. Die Glocken schlagen viertel vor sechs. Ich danke den Anwesenden dafür, dass sie gekommen sind, um für den Frieden in der Welt und im Herzen zu beten. Georg sammelt die Kollekte ein. Etwa fünf Leute kommen die Altarstufen zu mir nach oben, um meine Instrumente aus der Nähe zu betrachten. Ein Mann steckt seine grosse Nase der Reihe nach in meine Klangschalen und sagt verwundert: „Die sind ja leer!“ Auch seine Frau will das Geheimnis meiner Klänge erforschen und berührt eine Schale. Ich bitte sie, es sein zu lassen und frage das Paar, woher sie kämen. „Aus der Innerschweiz, vom Kanton Obwalden“, sagt die Frau. „Oh, so wie Niklaus von Flüe“, antworte ich. „Ja, wir heissen auch von Flüe“. Jetzt bin ich diejenige, die staunt. Ob ich diese Meditation auch an anderen Orten gäbe, möchten sie wissen. Als ich verneine, bitten sie mich um meine Visitenkarte und meinen, sie würden gerne wiederkommen.
Niklaus von Flüe lebte von 1417 bis 1487. Er war ein einfacher Bergbauer, der weder lesen noch schreiben konnte, er war hellsichtig und hatte Visionen. Im Alter von 50 Jahren verliess er mit dem Einverständnis seiner Frau seine Familie mit inzwischen 10 Kindern. Die zwei ältesten inzwischen erwachsenen Söhne übernahmen den Bauernhof. Bruder Klaus verbrachte er den Rest seines Lebens ohne Essen und Trinken in einer Einsiedelei in der bewaldeten Ranft-Schlucht in der Nähe seines Familienhauses, um als Eremit zu beten und zu meditieren. Manchmal kamen Ratsuchende zu ihm, man erzählte von Wunderheilungen und anderen Wundern. Im Jahre 1481 bewahrte er durch seine Ratschläge und Ausstrahlung die Schweizer Eidgenossenschaft vor einer Spaltung und einem Bruderkrieg. Auch nach seinem Tod wandten sich viele Gläubige in ihrem Gebet an Bruder Klaus und berichteten, dass ihre Bitten erhört wurden. Auch während der beiden Weltkriege sollen ihn viele Menschen um Schutz und Beistand gebeten haben. 1947 wurde er heiliggesprochen und wurde offiziell zum Schweizer Nationalheiligen mit weltweiter Ausstrahlung.
Nun bin ich Bruder Klaus innerhalb kurzer Zeit viermal begegnet: In der Kirche von Albinen, die ihm geweiht ist, durch die neue Sakristanin von Leukerbad, Schwester Antoinette, die aus Sachseln, dem Herkunftsort von Bruder Klaus, stammt, im Kapitel 5 des Buches „Und plötzlich grosse Klarheit – Positive Prophezeiungen für die heutige Wendezeit“ von Armin Risi und nach meiner Klangmeditation diesem Ehepaar aus Obwalden, das dem Namen nach sogar mit ihm verwandt ist. Im Jahre 2017 erschien zum seinem 600. Geburtstag ein Buch mit dem Titel „Niklaus von Flüe – Engel des Friedens auf Erden“.
Meine Klangmeditationen verstehe ich als Gebet für den Frieden. Diese Begegnungen mit Bruder Klaus sind für mich ein Zeichen dafür, dass ich ihn dabei um Kraft und Inspiration bitten darf.
Foto: Staue von Bruder Klaus in der Kirche von Albinen bei Leukerbad
und Text: Petra Dobrovolny
Mit himmlischen und irdischen Klängen in das neue Jahr
Das neue Jahr begann für mich mit einer Grippe. Fünf Tage lang lag ich flach, meine Stimme hatte Mühe sich zu erholen. Auch dieses Jahr darf ich wieder mit pfarrlicher Erlaubnis jeweils am 2. Freitag im Monat in der Seitenkapelle der Leukerbadner Pfarreikirche eine Klangmeditation mit meinen drei grossen Kristallklangschalen, meiner Kristall-Lyra und meiner hoffentlich nicht allzu heiseren Stimme geben. Am 12. Januar war es wieder so weit. Georg meinte, ich solle mir ein instrumentales Alternativprogramm ausdenken. Also dachte ich, meine Traumharfe könnte meine Stimme vielleicht vertreten. Am Tag vor der Meditation nehme ich sie mit in die Kirche, um die Saiten dort zu stimmen. Saiteninstrumente sollten wegen der Raumtemperatur und der Luftfeuchtigkeit in derselben Umgebung gestimmt werden, in der sie anschliessend gespielt werden. Kaum bin ich bei der 5. Saite von 22, ertönt der Staubsauger der Frau, die die Kirche putzt. Von ihrem Reinigungsprogramm sie sich nicht abbringen, auch wenn sie Maria heisst, denn sie müsse heute noch viele Ferienwohnungen putzen, Leukerbad habe jetzt Hochsaison. Am nächsten Tag versuche ich mein Glück auf’s Neue. Bei der 11. Saite betritt eine Grossmutter mit ihren zwei Enkeln die Kirche. Diese stürmen nach vorne zum Altar, neben dem die Krippe aufgebaut ist, mit lautem Getrampel wieder zurück zur Oma, um dann mit lautem Geschwätz neben mir in der Seitenkapelle bei der Statue der Maria von Fatima eine Kerze anzuzünden. Auch heute kann ich meine Harfe wieder unverrichteter Dinge einpacken. Schliesslich zünde auch ich eine Kerze an und bitte die Muttergottes um die Klärung meiner Stimmbänder für meine Aufführung ab 17 Uhr. Georg versorgt mich liebevoll mit Kamillentee und bezieht seine Position als Türwächter, der die renovationsbedürftige Kirchentüre für das hereinströmende Publikum ohne Lärm öffnet und schliesst. Nach dem 5. Glockenschlag beginne ich, und zu meinem Erstaunen trägt meine Stimme. Maria von Fatima zwinkert mir zu, das Publikum lässt sich in meine Klänge einhüllen und schliesst sich im Stillen meinen Gebeten für den Frieden an.
Der Februar bricht alle bisherigen Rekorde. Seit den Aufzeichnungen des Jahres 1864 steht er an erster Stelle der Wärmerangliste mit 4.3 °C. Die Schmetterlinge erwachen bereits aus dem Winterschlaf.
Dieses Jahr fällt meine Klangmeditation in den Beginn der Fasnacht. Auf dem Weg zur Kirche treffen wir eine Gruppe mit bunt kostümierten „Guggenmusiker*innen“ mit Pauken, Trompeten, Saxofonen und weiteren nicht gerade leisen Instrumenten. Die bösen Geister müssen schliesslich am Ende des Winters ausgetrieben werden. Georg sagt ihnen, dass ab 17 Uhr in der Kirche eine Meditation stattfände. Ja, zu der Zeit würden sie unten beim Rathaus spielen, das sei kein Problem. Pfarrer Sommerhoff, der für mich in der Seitenkapelle die Beleuchtung einschaltet, meint, dass ich mir ein schlechtes Datum ausgesucht hätte. Er selbst hätte in der Karnevalszeit schon mal eine Messe absagen müssen. Vor Beginn meiner Darbietung bitte ich die Engel, für eine störungsfreie dreiviertel Stunde zu sorgen. Im Publikum befinden sich heute besonders viele, die es gewohnt sind zu meditieren du sich über eine längere Zeit zu konzentrieren. Sehr schnell bildet sich eine dichte Energiewolke, ein unsichtbares, aber fast greifbares schwingendes Gewebe aus Gebeten, Klängen, Obertönen und Stille jenseits von Raum und Zeit. Vier Minuten vor dem geplanten Abschluss mit „Pax domini sit semper vobiscum“, „Der Friede des Herrn möge immer bei euch sein“, und „Andate in pacem“, dringt allmählich lauter werdende Guggemusik von der Gasse zu uns in die Kirche. Meine himmlischen Klänge werden irdisch untermalt, bald übertönt. Ein Gegensatz, aber irgendwie auch nicht. Ich warte ab, bis der rhythmische Evergreen aus den 60er Jahren verklingt, füge ein „Andate in pacem“, gehet hin in Frieden, hinzu und runde alles ab mit einem „Amen“ pünktlich zum dreiviertel Schlag der Kirchenglocken, mit denen meine drei Klangschalen wunderbar harmonieren. Mein Publikum ist keineswegs irritiert, sondern amüsiert und dankbar für diese besondere Erfahrung von Gegensätzen.
Foto und Text: Petra Dobrovolny
Rückblick 2023
Welche Höhepunkte bzw. «Highlights», auf Deutsch wortwörtlich «hohe Lichter», gab es für mich in diesem Jahr? Da fallen mir zunächst die zwei grossen Wanderungen ein: Eine auf dem Kulturweg von Leukerbad nach Salgesch, gemeinsam mit 100 Mitwandernden auf Goethes Spuren am 3. Juni. Die nächste grosse Wanderung führte mich zum Gottesdienst bei der Marienkapelle auf der Flüealp in 2067 Metern Höhe am 23. Juli. Am 16. September war ich beim Ausflug der Thermalquellenzunft zum höchsten Weinberg Europas in Visperterminen hoch über dem Rhonetal dabei. Meine Berichte dazu befinden sich in diesem Tagebuch unter den Monaten Juni und Juli.
Es gab viele schöne, erstaunliche und unerwartete Begegnungen bei meinen Klangmeditationen in der Pfarreikirche Leukerbad. Am 8. Dezember zum Beispiel kam nach meiner Darbietung ein Besucher aus der Bretagne aufgeregt zu mir. Er zeigte mir an seinem linken Handgelenk einen Armreif aus kostbarer reiner Jade. Dieser habe 10 Minuten nach Beginn meiner Darbietung angefangen zu vibrieren. Nach weiteren 5 Minuten hätten seine beiden Hände vibriert, bis zum Schluss. Auch sein Herz hätte vibriert. So etwas habe er noch nie erlebt. Mit grossen wunderbaren blauen Augen schaut er mich an und bedankt sich bei mir. – Ich erkläre mir dieses Phänomen mit Resonanz: Die Klänge meiner Kristall-Instrumente und mein Obertongesang bringen andere Kristalle und die Herzen der Zuhörenden in Schwingung, die mit der Zeit kohärent werden, d.h. gleichförmig schwingen und sich gegenseitig verstärkt. So können wir gemeinsam ein Feld des Friedens schaffen, das seine Kreise in die Welt zieht.
Für mich sehr aussergewöhnlich war die Begegnung mit der unerlösten Seele Adolf Hitlers am 22. September in der Suite des Rheinhotels Dreesen in Bonn-Mehlem. Die ausführliche Beschreibung befindet sich hier im Tagebuch unter September. Ich hatte zwar mit Absicht diesen Ort, der oft von A.H. besucht wurde, gewählt, um eine Landschaftsheilung vorzunehmen. Inspiriert hatte mich dazu der Bauer Hubert Möhrle aus der Nähe von Überlingen, der in Deutschland und Österreich gemeinsam mit anderen Mitwirkenden verschiedene Orte besucht, die von den Nazis energetisch missbraucht worden waren, und heilende Rituale mit Hilfe der Christuskraft und der Energie der Liebe ausführt. Während meiner Meditation erschien mir die herumirrende Seele Adolf Hitlers und bat mich in der für dessen bekannten kaltschnäuzigen Art um Hilfe. Schliesslich führten ihn Engel ins Licht und ich sah, wie sich die dunkelbraune Glasglocke über Deutschland aufzulösen begann. So konnte ich einen wichtigen Impuls setzen, der jetzt und in den kommenden Monaten noch deutlicher spürbar sein wird. Viele Menschen wirken mit positiven Gedanken, Gebeten und Meditationen in das Energiefeld Deutschlands hinein, damit das Land seine geistige Aufgabe wieder zum Wohle aller wahrnehmen kann. In der Völkergemeinschaft hat jedes Land eine bestimmte Aufgabe, die es jedoch nur wahrnehmen kann, wenn seine Traumata gelöst sind.
Eine sehr zutreffende Analyse zur Situation in Deutschland gibt es von Raik Grave, der von Felix von Frieden auf dessen Youtube-Kanal interviewt wird.
https://www.youtube.com/watch?v=k8Btj3IZLuE
Heute widme ich meine Klangmeditation der Karlsuniversität in Prag, deren Räumlichkeiten ich von innen kenne. Am 22.12. hat dort ein 24-jähriger Philosophiestudent zuerst seinen Vater, danach bei seinem Amoklauf 14 Studierende und Lehrende erschossen. Zum Schluss sich selbst. Das ganze Land steht unter Schock. So etwas ist hier noch nie passiert. Mögen meine Klänge und Gesänge zu Trost und Frieden beitragen. In der dunkelsten Nacht wird das Licht geboren. Jeder und jede kann auf seine und ihre Weise dazu beitragen.
Text und Foto: Petra Dobrovolny
Frohe Weihnachten!
Happy Christmas! Joyeux Noël! Veselé Vànoce!
Vom Himmel hoch, da komm ich her
Aufnahme mit meiner Kristall-Kyra in der Seitenkapelle der Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen, bei der Statue der hl. Maria von Fatima, Portugal
in Leukerbad, Wallis, Schweiz
17.12.2023 Dritter Advent und ein Rückblick
Es geht nicht nur auf Weihnachten zu, sondern zunächst mal auf die Wintersonnenwende. Heute werde ich eine Allgäuer Heilkräuterkerze anzünden, die dem Thema Jahresrad und dem 21. Dezember gewidmet ist. Sie verströmt mit ihrem Licht den Duft von Myrrhe, Fichten, Tannen, Weihrauch und Mistel. Die Natur regeneriert sich. Alles verlangsamt sich auf wohltuende Weise. Die jetzige Zeitenergie unterstützt den Rückblick. In meinem Fall blicke ich auf ein Jahr Klangmeditation in der Leukerbadner Pfarreikirche zurück:
Seit Dezember 2022 darf ich jeden 2. Freitag im Monat von 17 bis 17.45 Uhr – Glockenschlag! — mit drei grossen Kristallklangschalen und einer Lyra aus Bergkristall eine Klangmeditation in der Seitenkapelle der Pfarreikirche anbieten. Zu den Klängen singe ich Texte aus der lateinischen Liturgie in von mir komponierten Melodien. Dieses Angebot ist eine interkulturelle und interkonfessionelle Meditation für den Frieden mit dem Titel «Dona nobis pacem». Zudem darf ich zur Mittagszeit bzw. wenn nicht gerade ein Organist oder eine Organistin an der Orgel üben, meine Klangmeditation für den Frieden den «zufälligen» Besuchenden darbieten.
Bis heute habe ich plangemäss 12 Klangmeditationen (2 davon im Dez 22, am 9. und 23.) durchgeführt, die im Pfarreiblatt, vom Tourismusbüro im online-Eventkalender und über von mir in Hotels und Geschäften verteilte Plakate angekündigt wurden. Es kamen jeweils zwischen 10 bis 35 Besuchende, zu 85% Frauen im Alter von 40 bis über 85 Jahren. Männer wurden meistens von ihrer Partnerin begleitet. Etwa 30 % der Teilnehmenden sind Einheimische und Patienten und Patientinnen der Leukerbader «Rehaclinic». Die auswärtigen Gäste kommen zu 70% aus der Schweiz, d.h. aus den Kantonen Fribourg, Bern, Luzern, Schwyz, Waadt, Wallis, Genf, Tessin und Neuenburg. Die Gäste aus dem Ausland kommen aus Deutschland, den Niederlanden, Italien, Portugal, Japan, der Slowakei, der Tschechischen Republik und der Ukraine. Die meisten Teilnehmenden beten schweigend mit. Manche scheinen es gewohnt zu sein zu meditieren und können sich besonders intensiv während 45 Minuten auf die Klänge konzentrieren. Als Darbietende kann ich wahrnehmen, wann sich mein Publikum entspannt, wer die innere Einkehr sucht und wer zu Tränen gerührt ist. Zum Abschluss bedanke ich mich bei den Anwesenden für ihr Dasein und ihr Mitbeten für den Frieden in der Welt und den Frieden im eigenen Herzen und verbinde dies mit dem Wunsch, dass sie diesen Frieden in ihren Alltag mitnehmen mögen.
Mindestens 4mal pro Woche habe ich dieses Jahr während der Mittagszeit ohne publizierte Ankündigung die Klangmeditation gespielt. Kirchenbesuchende, die zum Gebet, zum Anzünden einer Kerze bei der Statue der Hl. Maria von Fatima oder zur Besichtigung vorbeikamen, entdeckten meine Darbietung also per Zufall. Die meisten reagierten verwundert, neugierig oder auch freudig überrascht, setzten sich hin und lauschten meinen Klängen, manchmal sogar länger als eine halbe Stunde. Kinder waren besonders fasziniert, wurden ruhig und lauschten andächtig.
Die Rückmeldungen im Wortlaut:
«Meine Glückwünsche zu dem, was Sie da tun! Es ist sehr sanft und beruhigend. Sie haben uns einen schönen Moment geschenkt. Herzlichen Dank!»
«Ihre Klänge haben mein Herz geöffnet. Ich musste weinen. So etwas habe ich noch nie erlebt.»
« Es ist sehr entspannend. Ich spüre keine Schmerzen mehr.»
« Ich kenne Klangschalen, aber so etwas habe ich noch nie gehört.»
« Hat es Sie gestört, dass ich geweint habe? Es kam einfach über mich. Es war so ergreifend.»
« Wie ist es möglich, solche Klänge hervorzubringen ohne Mikrophon, Verstärker und sonstige Technik?»
« Ich habe die Zeit und alle Sorgen vergessen. Es war wie im Himmel.»
«Die Akustik ist wunderbar! Man fühlt sich ganz in die Klänge eingehüllt. Ihre Stimme wirkt sehr heilend.»
«Ich erlebe gerade eine schwere Zeit. Ihre Klänge und Ihr Gesang haben mich getröstet. Herzlichen Dank!»
Es gibt auch nonverbale Rückmeldungen, wenn die Besuchenden mit einer Dankesgeste in meine Richtung die Kirche wieder verlassen. Einmal zur Mittagszeit war ein zufälliger Passant zu Tränen gerührt, betete länger weinend für sich und legte mir vor dem Weggehen schweigend ein 5-Franken-Stück auf den Tisch.
Allmählich wird dieses monatliche Angebot bekannter. Es gibt Frauen, die extra deswegen nach Leukerbad kommen und Freundinnen mitnehmen. So kommen wiederholt Besucherinnen aus Crans, Fribourg und Spiez.
Mein herzlicher Dank gilt allen, die diese interkulturelle und interkonfessionelle Klangmeditation für den Frieden unterstützen …
Foto und Text: Petra Dobrovolny
Meine Klangmeditation am 11. August
Am 11. August findet wie jeden 2. Freitag im Monat meine Klangmeditation in der Kirche in Leukerbad statt. Beim Eingang spricht mich eine Dame aus Lausanne an: «Sind Sie diejenige, die hier Klangmeditationen geben?» Ich bejahe. «Dann habe ich Sie vorgestern schon gesehen und gehört! O, wissen Sie, Ihre Klänge rufen so starke Emotionen hervor! Wunderbar! Darum bin ich jetzt nochmal gekommen. Und mein Mann kommt auch, aber etwas später. Er ist gerade noch in der Klinik in einer Therapie.» Während ich meine Kristallinstrumente auf dem kleinen Altar der Seitenkapelle bereitlege und eine Kerze anzünde, finden sich etwa 27 Personen ein. Wie bisher besteht mein Publikum zu 90% aus Frauen. Einige davon bringen ihre Ehepartner mit. Heute sind auch Zuhörende dabei, die gewohnt sind zu meditieren. Sie setzen beide Füsse auf den Boden, legen die Hände wie zwei Schalen mit den Handinnenflächen nach oben auf die Oberschenkel, sitzen gut aufgerichtet da und schliessen die meiste Zeit über die Augen. Beim Warten auf den 17-Uhr-Glockenschlag stimme ich mein Publikum bereits leise auf die Klänge meiner drei Kristallschalen und der Kristall-Lyra. Zufälligerweise harmonisieren die Klangschalen mit den Kirchenglocken. Während 45 Minuten geniessen die Zuhörenden das Klangbad. Nach 10 Minuten sehe ich, dass viele gähnen. Dies verstehe ich als ein Zeichen der Entspannung. Nach weiteren 10 Minuten beginnen Tränen zu fliessen. Mein «Dona nobis pacem» und «Ave Maria» berühren die Herzen. Heute betet ein Besucher in der hintere Stuhlreihe kniend und sehr andächtig mit. Auch weint er dabei. Männer schämen sich ihrer Tränen und möchten schon gar nicht, dass jemand sie sieht. Deswegen verlässt dieser Mann 10 Minuten vor Schluss der Vorstellung die Kirche, um allein zu sein. In Gedanken schicke ich ihm einen tröstenden Engel. Einige neugierige Besuchende, die auf ihrem Weg ins Restaurant an der Kirche vorbeikommen, schauen auch dieses Mal wieder herein, wollen sich zwar nicht setzen, hören heute aber länger zu als sonst. Mein Georg sorgt als Türsteher jedes Mal dafür, dass die renovationsbedürftige Kirchentüre nicht laut geöffnet und geschlossen wird. Besonders dieses Mal inspiriert mich die dichte Konzentration und Andacht des Publikums so, dass ich die Klänge und lateinischen Gesänge mit Passagen von Obertönen in voller Hingabe gestalten kann. Die Glocken verkünden mit dem ¾ – Schlag das Ende der Veranstaltung, ich schliesse ab mit «Andate in pacem» und «Amen». Das Publikum klatscht leise und dankbar Beifall, das Körbchen für die Kollekte, die für ein Projekt für kriegstraumatisierte Menschen bestimmt ist, wandert von Hand zu Hand. Zwei Besucherinnen aus Amsterdam und eine weitere aus Fribourg bedanken sich noch persönlich bei mir. Letztere möchte noch wissen, aus welchem Material meine Schlägel seien. Ich antworte: «Aus Silikon.» Sie kann nicht glauben, dass man mit Silikon solche erstaunlichen Klänge hervorbringen kann und schaut mit suchendem Blick in die Umgebung in der Erwartung noch Lautsprecher oder sonstige technische Einrichtungen zu entdecken. Ob ich denn wirklich keine Hintergrundmusik laufen liesse, will sie wissen. Ich verneine. Das sei unglaublich, «incroyable», meint die Dame aus Fribourg und verlässt die Kirche um ein Hörerlebnis reicher. Mit einem Glas Walliser Weisswein in der benachbarten Bar schliessen Georg und ich den Abend ab, dankbar für das Publikum, welches ich heute mit meinen Klängen beglücken durfte.
Foto: Meine Kristallinstrumente auf dem Altar der Seitenkapelle der Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen, in Leukerbad
und Text: Petra Dobrovolny
Kulturweg Dala – Raspille: Auf Goethes Spuren
Am 3. Juni 2023 wird der bereits bestehende und jetzt neu beschilderte Kulturweg von Leukerbad an der Dala nach Salgesch an der Raspille im Rhonetal mit einer Wanderung feierlich eingeweiht. Schon Mitte Mai hatte ich mich dazu angemeldet und freute mich sehr auf dieses für mich ungewöhnliche Abenteuer: Mindestens 15 km Fussweg mit einer Höhendifferenz von 800 m in Begleitung von 100 Mitwandernden stehen mir bevor. Die Teilnahme ist dank grosszügigem Sponsoring gratis, eine Spende der Wandernden für den zukünftigen Unterhalt des Kulturwegs ist jedoch willkommen. Der blaue Himmel verspricht den schönsten Tag der Woche, ab 11 Uhr sind jedoch Gewitter vorausgesagt. So packe ich Regenjacke und Knirps in meinen Rucksack, auch eine Thermosflasche mit Tee und einen Apfel. Für weiteres Proviant soll unterwegs dreimal gesorgt sein. Um 8 Uhr mache ich mich auf den Weg zur Sportarena von Leukerbad. Von hier aus sollen nach einem Café und Gipfeli die 100 Angemeldeten starten. Die Gemeindepräsidenten von Leukerbad und Salgesch sowie der Präsident der «DalaKoop», einer Kooperation für interkommunale Zusammenarbeit der Gemeinden Leukerbad, Inden, Varen und Salgesch, heben in ihren Reden die Bedeutung des Kulturwegs und dieses Events hervor. Der Pfarrer von Leukerbad, Frank Sommerhoff, spricht kurz über das Unterwegssein in Gottes Natur, die die Seele beim Wandern erfreue. Wegen des schlechten Mikrofons sind die Worte der Redner nur schlecht zu verstehen. In freudiger Erwartung begeben wir uns zum ersten neuen Wegweiser hinter der Sportarena und am Anfang des «Römerwegs». Der Pfarrer bittet die Erzengel und die Heiligen um Schutz für alle, die auf diesem Weg wandern werden, segnet das neue Schild mit Weihwasser, und meint sodann, es sei eigentlich wichtiger, die Wandernden zu segnen. So bekommen wir auch noch ein paar geweihte Wasserspritzer ab. Danach werden wir in drei Gruppen mit je einem Führer eingeteilt und machen uns gutgelaunt und erwartungsvoll auf den Weg. Nach ein paar hundert Metern hält unser Wanderleiter Anselmo Loretan kurz an, um uns etwas über die geologischen Verhältnisse des so reichlich fliessenden Thermalwassers von Leukerbad zu erklären. Regen- und Schneewasser sammelt sich oben im Wyss See neben dem Gipfel des Torrent in etwa 2300 m Höhe, sickert durch den Kalkstein in den Berg, fliesst bis zu 2500 m unter die Erde. Dort zirkuliert es 40 Jahre lang, nimmt verschiedene Mineralien und vor allem auch die Wärme der Erde auf, bis es in Quellen austritt und zu vier Hotels sowie zur «Therme Leukerbad» geleitet wird. Letztere wurde zunächst von zwei Quellen versorgt, bis nach dem Erdbeben im Jahre 1946 eine dritte hinzukam. Letzteres wusste ich bis jetzt nicht.
Weiter geht es in zügigem Tempo an einem grossen Keltenstein vorbei bis zum nächsten Dorf, Inden genannt. Pünktlich treffen wir zur Weisswein-Mehl-Suppe – nicht jedermanns Geschmack – um 10.45 Uhr beim Dorfladen, dem ehemaligen kleinen Bahnhof der Zahnradbahn, die von 1915 bis 1967 von Susten im Tal bis nach Leukerbad fuhr. Damals baute man die Strasse aus und empfand die Bahn als Behinderung für den Autoverkehr. Heute wird die Entscheidung diese Bahn abzuschaffen, sehr bereut. Sie könnte auch heute mit erneuerbarem Strom aus Wasserkraft betrieben werden und wäre eine noch grössere Touristenattraktion als damals. Vielleicht kommt jemand mal auf die Idee eine Seilbahn von Susten nach Leukerbad zu bauen. Damit könnte auch der Transport der riesigen Abfallmenge, die die Tourist*innen hinterlassen, von «der Strasse auf das Seil» verlagert werden.
Aus einem riesigen Suppenkessel, der über einem Feuer hängt, wird jedem Gast Suppe in den Teller geschöpft. Auch reichlich Brot und Käse wird angeboten. Die bereitstehenden Holzbänke und -tische sind bald besetzt, nette Einwohnerinnen von Inden – Würde man sie als «Inderinnen» bezeichnen? – schenken emsig Walliser Johannisberg-Wein und Wasser ein. Nach einer dreiviertel Stunde ertönt ein Pfiff aus der Trillerpfeife unseres Wanderleiters Anselmo zum Aufbruch zur zweiten und anstrengendsten etwa 1 ¼ -stündigen Etappe hinunter nach Varen im Rhonetal. Der Weg führt hinter Inden an einem ehemaligen Kalkbrennofen und an weiter an sehr steilen Felswänden entlang. Gemäss Anweisung sollen wir zügig in einer Einerkolonne marschieren und nicht zum Fotografieren stehen bleiben. Steinschläge seien zwar selten, aber nicht auszuschliessen. In einer Kurve, hinter der der Weg die Dala-Schlucht verlässt, hält Anselmo im Schatten der Bäume an, um uns von Goethe zu erzählen, der vor 250 Jahren denselben Weg in Gegenrichtung gewandert war. Hier beim Bildstock mit der kleinen Marienfigur hatte er einen Halt eingelegt, um den Blick nach oben zum malerisch gelegenen Inden zu skizzieren. Eine Kopie dieser sehr gekonnten Skizze reicht Anselmo herum. Alle staunen, denn abgesehen von der Hochspannungsleitung und einem Baukran sieht diese Aussicht heute noch genau gleich aus wie damals. Es soll bekannt sein, dass Goethe die erste Nacht, die er in Leukerbad verbrachte, wegen der vielen Stechmücken kaum schlafen konnte. Heute würde dies nicht passieren, denn es gibt in dieser Höhe fast keine Stechmücken mehr.
Anselmo verspricht uns einen gemütlichen Abstieg nach Varen, einem Winzerdorf, wo um 13 Uhr das Mittagessen mit Raclette auf uns wartet. Nach «Goethes Kurve», vielleicht wird sie offiziell mal so benannt, Richtung Rhonetal mit Blick auf den Pfynwald, macht sich die Mittagshitze unbarmherzig bemerkbar. Die alpine Flora wechselt zu einer mediterranen. Heute wird es einen ersten Hitzetag mit 30°C geben. Wir verlassen den schattigen Wald, denn unser Abstieg führt uns nun durch die Reben, die die Sicht auf das breiter werdende Tal Richtung Siders und Sitten im Südwesten freigeben. Besonders mein linkes Knie meldet sich, wenn auch leise. Es hat bereits 600 m Abstieg hinter sich. Ich bereue, dass ich statt meiner Wanderstöcke einen Regenschirm mitgenommen habe. Zum letzten Mal, wie ich mir schwöre. Goethe hatte bestimmt zumindest einen Wanderstock dabei. Besonders auf den Schotterwegen kann man leicht auf den flachen Schiefersteinen ausrutschen. Schliesslich kommen wir bei einer Sporthalle an, neben der auf dem inzwischen vor Hitze glühenden Asphaltplatz Holztische und -bänke auf uns warten. Der Raclettekäse muss von den freundlichen Gastgebern erst gar nicht lange geschmolzen werden. Die Warteschlange kommt zügig voran. Mit einem Kartonteller in der Hand, der mit zwei Pellkartoffeln – in der Schweiz «Gschwellti» genannt, sauren Gurken, Silberzwiebeli und zerlaufenem Käse beladen wurde, sowie einem Glas Walliser Weisswein, suche ich mir einen Schattenplatz unter dem Dachvorsprung der Turnhalle und setze mich einfach auf den Boden. Einige Mitwandernde machen es mir nach und so geniessen wir trotz diesen Umständen gut gelaunt unser wohl verdientes Mittagessen. Inzwischen verbreitert sich der Schatten des Vordachs zusehends, denn die Sonne hat ihren höchsten Punkt überschritten. Kurzerhand verschieben ein paar kräftige Männer die langen Bänke und Tische zur Wand der Turnhalle, so dass niemand mehr beim Essen auf dem Boden sitzen muss. Etwa die Hälfte der Teilnehmenden verlässt nach dem Mittagessen die Gruppe, um sich mit dem Bus nach Leuk und weiter auf den Heimweg zu begeben. Die meisten Mitwandernden wohnen im Rhonetal, in den Kantonen Bern, Luzern oder woanders und waren zum Start der Wanderung mit dem Bus nach Leukerbad gekommen. Einige wohnen auch in Salgesch, wohin die restliche Gruppe um 14.30 Uhr von Varen aus aufbricht. Angekündigt wird uns eine gemütliche Wanderung entlang der Suonen, wie im Wallis die Wasserkanäle aus dem 13. Jahrhundert genannt werden. Auf Madeira heissen sie «Levadas». Sie sorgen auch heute noch für eine gerechte Verteilung des Wassers durch Felder und Rebhänge. In Aussicht gestellt wird uns auch eine riesige Crèmeschnitte vor dem Weinmuseum im Zielort Salgesch. Die folgenden 1 ½ Stunden erscheinen mir ziemlich lang und mühsam. Zunehmend spüre ich meine Müdigkeit und mein linkes Knie. Doch die Schönheit der Landschaft und das kühle Wasser in den Suonen lassen mich durchhalten. Gewitterwolken türmen sich über den Bergen auf und warten geduldig, bis ich wieder sicher zuhause in Leukerbad angekommen sein werde. Mein Regenschirm wird unbenutzt im Rucksack bleiben. Der Abstieg nach Salgesch, dem grössten Winzerdorf im Wallis – 40 Winzerunternehmen, überwiegend von Familien geführt –, ist sehr steil. Neben uns fliesst ein kleiner Bergbach munter hinunter: die Raspille. Deswegen heisst dieser Kulturweg «von der Dala bis zur Raspille», die die Sprachgrenze zwischen dem Wallisertitsch des Oberwallis und dem Französisch des Unterwallis bildet. Anselmo erzählt uns noch, dass sich Probleme mit dem Nachwuchs auch in Salgesch zeigen. Viele Rebberge werden vermietet oder als teure Grundstücke an eine reiche Kundschaft aus dem Ausland verkauft. Grosse Villen mit nicht hierher passender moderner Architektur verschandeln an einigen Stellen bereits die Landschaft. Im Namen der Gruppe bedankt sich ein älterer Mitwandernder bei Anselmo für die kompetente und umsichtige Führung. Müde und zufrieden treffen wir beim Weinmuseum, das bereits geschlossen hat, in Salgesch ein. Bis zum nächsten Zug nach Leuk bleibt gerade noch genügend Zeit, um bei den wieder für uns bereitstehenden Bänken und Tischen eine süsse Crèmeschnitte – drei Blätterteigschichten mit Vanillecrème dazwischen – zu vertilgen und dem Team von Leukerbad-Tourismus herzlich für die ausgezeichnete Organisation dieses historischen Tages zu danken. Beim Bahnhof Leuk hat die kleine Gruppe aus Leukerbad direkten Anschluss an den Bus. Gegen 17.30 Uhr treffen wir im heimatlichen Busterminal ein. Um 21 Uhr entladen sich die ersten Gewitterwolken, die dank dem Segen des Pfarrers und dem Schutz der Heiligen sowie der Erzengel so lange gewartet hatten. Niemand hatte auf dieser Wanderung einen Unfall erlitten, niemand einen Hitzeschlag. Zu meinem Erstaunen hatte ich die für mich ungewohnten kulinarischen Ereignisse bestens vertragen. Wegen des Walliser Weissweins oder des Schutzes eines Heiligen? Wer weiss… Dankbar und erschöpft falle ich ins Bett. Diese Wanderung war ein einmaliges Erlebnis, das ich sicher nie vergessen werde, aber sicher nicht in dieser Form wiederholen werde. Im Prospekt steht: «Der Kulturweg Dala – Raspille beeindruckt durch das Wechselspiel der vielseitigen Natur- und Kulturlandschaft.» Auch wenn dieses Wechselspiel dann nicht so beeindruckend ist, lässt sich dieser Weg wegen der guten Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr ohne weiteres in drei oder vier einzelne Etappen aufteilen. Unbedingt mit Wanderstöcken, nicht unbedingt mit Weissweinsuppe, stattdessen lieber mit Besuch eines Weinkellers und des Weinmuseums. Und wegen des Muskelkaters ist ein Besuch der Therme spätestens am darauffolgenden Tag sehr empfehlenswert. Man kann auf Goethes Spuren nicht nur wandern, sondern auch baden. Dies wird bestimmt bei der nächsten Auflage des Prospekts drinstehen. «Goethes Kurve» vielleicht auch.
Foto: Blick vom Dala-Tal ins Rhonetal auf Susten, rechts im Bild der Kulturweg entlang der steilen Felswand
und Text: Petra Dobrovolny
