Zen-meditatives Schreiben und der höchste Rebberg Europas

Inzwischen ist so viel passiert, dass ich mit dem Schreiben gar nicht mehr nachkomme: Am 16. September nahm ich am Ausflug der Thermalquellenzunft teil. Ziel war ein Besuch des höchst gelegenen Rebberg Europas auf 1100m über dem Meer in der Nähe der Visperterminen. Normalerweise wachsen Reben bis zu 800 m Höhe. Die klimatischen Verhältnisse in dieser Gegend des Wallis sind jedoch sehr günstig: Es ist sehr trocken, die Hänge sind sind mit dem sogenannten Bündner Schiefer bedeckt und liegen auch im September und Oktober noch in einem idealen Winkel zur Sonne. Hier wird der berühmte „Heida“ angebaut, der mit dem Sauvignon blanc verwandt ist. Man kann Mitglied der Heidazunft.ch werden und für CHF 1000.- einen Rebstock erwerben. Dafür gibt es jedoch eine lange Warteliste, denn das Anbaugebiet ist nicht sehr gross und die Reben bzw. der Wein sind sehr begehrt. Eine Wanderung dorthin lohnt sich auf jeden Fall: Die Aussicht auf die Berner Alpen im Norden, die Walliser Alpen im Süden und der Blick über die Rebhänge in das Rhonetal sind atemberaubend.

Am 19. September fand die Trauerfeier unserer langjährigen Freundin in Locarno statt. Georg und ich erlebten eine abenteuerliche Rückfahrt mit dem Zug nach Bern. Weitere Zugreisen nach Deutschland und zurück in die Schweiz waren ebenfalls von Hindernissen geprägt. Dabei heisst es schon seit einigen Jahren, man solle den öV benützen. Georg meint, dies alles geschehe, damit ich es in meinem Tagebuch erzählen könne. Vielleicht lerne ich noch «zen-meditativ» zu schreiben. Das bedeutet, dass ich die Ereignisse als neutrale Beobachterin beschreibe, die Bilder an mir vorüberziehen lasse, bis eine Leere entsteht, die schliesslich zur Erleuchtung führt. Die Erleuchtung ergibt sich von selbst, ohne jede Absicht sie zu erreichen. Der Weg ist das Ziel. Die Folge wäre leere Seiten, die die Lesenden mit eigener Fantasie so lange füllen könnten, bis diese versiegt, und ein pures Dasein in der Leere Platz greift. Ein paar fortgeschrittene Lesende werden diesen Zustand als Erleuchtung erkennen.

Den Weg zu den leeren Seiten, d.h. von der Materie zur Leere, beginne ich heute bei der Materie: Am 1. Oktober erhielt ich wie jeden Monat eine Mitteilung meines Dienstleisters igroove, der meine musikalischen Werke in verschiedene Streaming-Portale wie «Deezer» oder Spotify setzt und mir über die Einnahmen berichtet. In den letzten 30 Tagen wurden 126 Titel meiner Alben gestreamt: Auf der Hitliste ganz oben stehen die Titel «Sound of Tao», «Celebration of Light», «Dona nobis pacem» und «Free yourself from pain». Meine Zuhörenden kommen vor allem aus Deutschland, den USA, der Schweiz, von UK und den Niederlanden. Die Altersgruppe befindet sich bei den 45 bis 59-Jährigen, zwei Drittel davon sind Frauen. Im August habe ich mit meinen online eingestellten Klängen 1.39 CHF verdient. – Als ich gestern in der Kirche hier in Leukerbad für meine nächste Live-Klangmeditation übte, kam eine ältere Dame zu mir und legte ein 5-Franken-Stück auf den kleinen Altar der Seitenkapelle, auf den ich meine Klangschalen stellen darf. Sie sagt: «Eigentlich wollte ich nur schnell eine Kerze bei der Muttergottes anzünden. Doch ihre Klänge sind so schön, dass ich eine halbe Stunde sitzen geblieben bin und zugehört habe. Ich komme dann am 13. Oktober zu Ihrer Klangmeditation.»  

Foto: Der höchste Rebberg Europas oberhalb von Visp

und Text: Petra Dobrovolny    

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert